Ziel: Wahre Eltern

Es hat nichts mit dem bekannten Spruch zu tun "Vater werden ist nicht schwer…", wenn man ein wahrer Vater werden und als historisches Beispiel für jedermann ein Ideal der elterlichen Liebe umsetzen will. Wenn diese Laufbahn auch noch von komplzierten religiösen Erfordernissen bestimmt und durch allseitige Anfeindungen behindert wird, kann man nur noch von einer Tortur sprechen. Dementsprechend sagte Rev. Moon wiederholt, er wäre mit Freuden einen anderen, einfacheren Weg gegangen, sofern der zum gleichen Ziel geführt hätte. Die verwickelten Schritte dieses Weges beinhalten geistige Kämpfe ebenso wie substantielle irdische Rück- und Fortschritte, sie umfassen Qualen und überwundene Niederlagen ebenso wie erstaunliche Erfolge.

Ein Kritiker der, wie er es nennt, "Kultszene", der deutsche Wissenschaftsjournalist Peter Jennrich, schrieb 1985 über die Gründer und Leiter neureligiöser Bewegungen, "charakterliche Eigenheiten" und "Problemlösungsstrategien im Privatleben" eines Religionsführers seien "unauflöslich mit den späteren Praktiken seiner gesamten Organisation verknüpft". Diese Einschätzung beschreibt einen Aspekt der Religionsentwicklung sicherlich korrekt: ob man die historischen Religionsstifter oder die heute lebenden Gruppengründer in Betracht zieht, dauerhafte Gruppen sind auch nach Generationen noch von ihrer Gründerpersönlichkeit geprägt, von dem sich in vielen Fällen auch der offizielle oder umgangssprachliche Name der betreffenden Organisation ableitet, sei dies nun Menno oder Mohammed. Andererseits folgt aus jeder Berufungs- und Verkündigungskarriere auch der schwierige Sachverhalt der Unnachahmlichkeit und der Nichtvermittelbarkeit wesentlicher Einsichten und Erfahrungen. "Ich hätte euch noch viel zu sagen, allein ihr könnt es nicht fassen" - wo schon effektive Kommunikation über objektive Abläufe an Sprach- und Verständnisbarrieren hängenbleibt, da wird eine transzendente Erfahrung und religiöse Erkenntnis zum kaum Erklärbaren. "Wer es fassen kann, der fasse es" - aber jeder Hörer des Wortes tut das auf seine Weise, schreibt den Glaubenssatz neu und verändert ihn unweigerlich. Daher reflektiert eine Glaubensgemeinschaft nicht nur die Charaktereigenschaften der Gründerfigur, sie drückt auch den Charakter der Mitglieder durch deren Bemühen aus, die Botschaft des Gründers zu verstehen, zu deuten, vermittelnd weiterzugeben und letztlich zu praktizieren. So ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen Gründer und Gruppe, aus dem die Identität wächst.

Wie bereits erwähnt, gibt es nur aus wenigen, mündlichen Quellen Aussagen über die Kindheit Moons. Daß er als fünftes von acht Kindern geboren wurde, war für seine Familie weniger bedeutsam als die Tatsache, daß er der zweite und letzte Sohn der Familie war. In der koreanischen Tradition waren Mädchen zwar nicht so unerwünscht wie im nördlich angrenzenden China, aber es waren die Jungen, die zählten. Sein Großvater, Chi Kuk Moon, hat sich über diesen Enkel auch sehr glücklich gezeigt und ihm vorausgesagt, er werde eine wichtige Persönlichkeit werden. Der Knabe Yong Myung wuchs in der engen Gemeinschaft eines koreanischen Bauerndorfes auf und besuchte dort eine private Schule, in der klassische chinesische Literatur unterrichtet wurde. Schulisches Lernen schien dem Jungen aber zunächst nicht so wichtig zu sein wie das Sammeln eigener Erfahrungen im Stile echter Dorfjugend. Bis zur Ausprägung seiner religiösen Ambitionen sei er unternehmungslustig und sehr extrovertiert gewesen; als 15jähriger habe er sich mehr nach innen gekehrt, weil ein intensives Empfinden um die elenden Bedingungen menschlichen Daseins in ihm erwachte.

Über diese Kindheit sagte er selber, er habe sich als 10jähriger das Ziel gesetzt, gleich in mehreren Bereichen einen Doktortitel zu erwerben. Ansonsten wurden, vorwiegend durch einen Cousin Moons, einige Geschichten überliefert, die von großer Entschlossenheit und starkem Gerechtigkeitssinn zeugten. Unter anderem soll der Knabe einem Wiesel vom Abend bis in die frühen Morgenstunden durch den Winterschnee nachgejagt und, bei einer anderen Gelegenheit, mit einem vier Jahre älteren Jungen so lange gerungen haben, bis dieser für ein begangenes Unrecht um Verzeihung bat. Eine Charaktereigenschaft Moons, die seit seiner Jugend gut dokumentiert ist, ist sein unbändiger Erfolgswille. Wenn nicht schon in dieser Zeit, so doch mit Sicherheit von späteren Jahren an zeigt er darüber hinaus die Fähigkeit, erlittene Mißerfolge umgehend wegzustecken und neue Wege zur Verwirklichung seiner Ziele zu suchen.

1928 konvertierte die ganze Familie Moon zum Christentum, und zwar zur presbyterianischen Kirche, deren Wurzeln bis in die englische Reformationsphase zwischen dem frühen 16.Jahrhundert und der Zeit Cromwells (Mitte d. 17. Jhdts) reichen. Wesentlich für den Presbyterianismus sind erste demokratische Ansätze in der Wahl der Gemeindeältesten (Presbyter) gewesen. Kirchlich etabliert haben die Presbyterianer sich dann vor allem in den USA. Als engagierte Protestanten haben sich viele methodistische und presbyterianische Missionare seit dem 19. Jhdt. im ganzen asiatischen Raum betätigt. Wie verschiedene Berichte besagen, war die religiöse Atmosphäre unter den Christen im Korea des frühen 20. Jhdts. von starken Emotionen, Erwartungen und geistigen Erfahrungen geprägt. Westliche Prediger zeigten sich von dieser Haltung mitunter sehr überrascht. Auch entstanden seit Anfang dieses Jahrhunderts in Korea viele von Christentum und anderen Einflüssen inspirierte neureligiöse Gruppen; von etwa 1000 neuen Religionen weltweit ordnet das Wörterbuch des Christentums Korea volle 200 zu. Da die Missionare und Glaubensboten jener Phase oft von Ort zu Ort wanderten und Bibeltraktate, etwa einzelne Evangelien, verteilten, ohne den Gläubigen auf theologischer Basis zu unterweisen, waren viele neue Christen vollständig auf das Eigenstudium der biblischen Texte angewiesen.

Erst 1938 hatte der junge Mann die Möglichkeit, den staatlichen Grundschulabschluß zu machen. Kurz danach ging er nach Seoul und besuchte dort eine elektrotechnische Fachschule. Noch wichtiger als diese Ausbildung waren ihm aber lange Zeiten des Gebets am Flußufer und in den Bergen. In Seoul trat Moon auch erstmals missionarisch in Erscheinung, mit Predigten in einem öffentlichen Park, und zeigte gleichzeitig ein soziales Engagement, er schnitt Bettlern die Haare und besuchte Menschen am Rande der Gesellschaft. Sein Ringen um Erkenntnis setzte der junge Mann auch in Japan fort, wo er von 1941 bis 1943 Elektrotechnik an Tokios Waseda Universität studierte.

Korea stand in der damaligen Zeit seit über 35 Jahren unter japanischer Besatzung. Koreaner wurden in der von imperialistischen Attitüden geprägten japanischen Gesellschaft als Menschen zweiter Klasse eingestuft. Sun Myung Moon führte in Japan nicht nur Studium und geistige Suche fort: während er sich den Lebensunterhalt mit minimal bezahlten Handlangerarbeiten verdiente, involvierte er sich in eine Untergrundbewegung, die gegen die japanische Besatzung seines Heimatlandes agitierte.

Nach eigener Aussage war Moons geistige Suche so gut wie abgeschlossen, das Gedankengebäude der Göttlichen Prinzipien komplett, als er im Herbst 1943 von Japan per Fähre nach Korea zurückkehrte. Er arbeitete in Seoul und suchte den Kontakt zu verschiedenen christlichen Gruppen, heiratete 1945 auch eine Frau, die Mitglied einer dieser Gruppen war. Bei diesen Kirchen handelte es sich nicht um Teilgemeinden einer Großkirche, sondern um stark endzeitlich ausgerichtete Gemeinschaften. Moon suchte, diese Gruppen von der Notwendigkeit eines Zusammenschlusses zu überzeugen und setzt sich als vorbildliches Gemeindemitglied ein. Plötzlich wird der junge Mann verhaftet, im Oktober 1944, und zwar wegen seiner Tätigkeit in der koreanischen Untergrundbewegung in Japan. Die Japaner verhören ihn mit brutalsten Methoden, um Namen von anderen Aktivisten aus ihm herauszupressen. Der Versuch bleibt erfolglos, er gibt keine Namen oder Informationen preis und wird im Februar 45 freigelassen, aber Sun Myung Moon hat ernste innere Verletzungen davongetragen, und es dauert ein Jahr, bis seine Gesundheit völlig wiederhergestellt ist.