AIDS - KONDOM - SEXUALITÄT Die Gesundheitsministerin, Frau Dr. Christa Krammer, hat Anfang April eine neue Kampagne gegen AIDS angekündigt. Dabei hat sie sich in einem Interview im Mittagsjournal besonders darüber besorgt gezeigt, daß sich Männer durch Sextourismus und Ehebruch mit AIDS infizieren, weil diese, trotz massiver Werbung dafür, das Kondom bei ca. 30% der sexuellen Beziehungen nicht verwenden. In der Folge werden auch deren Frauen angesteckt und eigentlich gewollte Schwangerschaften enden mit Abtreibung oder mit einem infizierten Neugeborenen. Einige wesentliche Aspekte haben bei den bisherigen Bemühungen der Gesundheitsministeriums noch zuwenig Berücksichtigung gefunden: 1. Das konsequente Verwenden eines Kondoms setzt ein hohes Maß an Selbstdisziplin und rationales Handeln voraus. Eine sexuelle Beziehung ist von ihrer Natur her kombiniert mit Leidenschaft und gefühlsbetontem Handeln. Daher muß Selbstdisziplin als plötzlich verlangte Tugend lange vor dem möglicherweise lebensgefährlichen sexuellen Kontakt schmackhaft gemacht werden. 2. Die sexuelle Liebe wurde im Zuge der sexuellen Befreiung in den letzten Jahrzehnten nicht nur enttabuisiert sondern auch entwürdigt. Ein Teenager kann heute durchaus den Eindruck haben, daß das Essen eines Hamburgers gleichwertig ist mit Sex zwischendurch und daß man ein Kondom genauso braucht wie eine Serviette, um sich nicht zu beschmutzen. Die Wertigkeit der Sexualität muß auch in der Öffentlichkeit neu diskutiert werden. Heute kann man den Eindruck haben, daß ein Bekenntnis zu Werten zum neuen Tabu geworden ist. 3. Jugendidole wie Otto Konrad, die sich in der Vergangenheit sehr vorbildlich in der Aufklärung über AIDS eingesetzt haben, sollten dabei ihre eigene Erfahrung mit Selbstdisziplin und ihr eigenes Wertebewußtsein den Fans auch wissen lassen. Ich glaube, daß damit im Vorfeld der Problematik wichtige Arbeit geleistet und letztlich auch der Volksgesundheit ein guter Dienst erwiesen würde. 4. Wie in der Informationsbroschüre des Gesunheitsministeriums richtig geschrieben steht, ist Sex mit Kondom "saver sex" d.h. noch kein "save sex". 5. Bei der Verwendung eines Kondoms schwingen Mißtrauen und Schutzbedürfnis wegen Gesundheitsgefährdung mit. Solche Emotionen beeinträchtigen eine Beziehung, sind aber bei Sextouristen und Ehebrechern sowieso Teil ihrer Beziehungssituation. Das Kondom ist für diese Zielgruppe im Sinne der Schadensbegrenzung sicher gut geeignet. 6. Die Situation bei Jugendlichen ist jedoch ganz anders und sollte mit jener von Sextouristen und (gegenüber der gutgläubigen Partnerin) verantwortungslosen Ehebrechern nicht in einen Topf geworfen werden. Jugendliche sind idealistisch und sollen nicht den Eindruck bekommen, daß Mißtrauen natürlicherweise Teil von (sexuellen) Beziehungen ist. 7. Der Mensch bevorzugt eine sexuelle Beziehung ohne Kondom. Mit dem Kondom sind unerwünschte Ängste verbunden, die man nicht wahrhaben will, verdrängt oder bestenfalls "cool" überspielt. Man kann Sex mit Kondom vergleichen mit einem köstlichen Essen in einem ausgewählten Restaurant, bei dem aber unglücklicher Weise ein tötliches Gift dazugemischt sein kann. Welcher vernünftige Mensch, außer ein perfekter Verdränger oder Todes- verächter, würde sich dabei wohlfühlen und für alle Fälle jedesmal das passende Gegengift schlucken. Ich sicher nicht. 8. Es gibt die Alternative eines "save sex" und diese ist interessanterweise ein Sex ohne Kondom. Eine Gesundheitspolitik wird zu einer Krankheitspolitik verkommen, wenn "saver sex" statt "save sex" als Zielvorstellung propagiert wird. Die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung ist verwirrt von den Inhalten der bisherigen AIDS-Information, weil die Angstmache vor AIDS die wichtige Auseinandersetzung mit dem Thema Sexualität völlig überlagert. Dabei ist aber AIDS bekannterweise für den einzelnen Menschen ein leicht verhinderbares Übel. Man kann den Eindruck bekommen, daß die Gesundheitspolitiker sich im Boxkampf mit AIDS das Kondom über den Kopf gestülpt haben, nichts anderes mehr sehen und hören (wollen) und sich in ihrer Ecke von den negativen Statistiken prügeln lassen müssen. 9. "Save sex" ist eine sexuelle Beziehung, in der die Partner zueinander ehrlich sind, einander vertrauen und treu sind. Die Mehrheit der Österreicher ersehnt sich und praktiziert auch diese Art der Sexualität und wünscht wahrscheinlich, daß ihre Kinder in diesem Sinne erzogen und informiert werden. Der AIDS-Test ermöglicht es jedem, soweit das Ergebnis nicht positiv ist, in relativ kurzer Zeit von einem "saver sex" auf einen "save sex" umzusteigen. Eine Sexualität gepaart mit Vertrauen, Ehrlichkeit und Treue ist ganz einfach die schönere, romantischere und erfülltere. Diese einfache, mit jedem gesunden Menschenverstand nachvollziehbare Tatsache soll in neuen Informationsbroschüren berücksichtigt werden. Viele Eltern würden dafür dankbar sein, und Jugendliche können sehr wohl zwischen zwei Alternativen ihre eigene Wahl treffen. Peter Haider Graf Seilerngasse 22 1120 Wien Tel.: 0222/8173708