DIE FAMILIE DER MENSCHHEIT Die Vision Reverend Moons von Richard L. Rubenstein (Erschienen im März 1991 im Magazin „The World & I“) Wenn wir uns überlegen, welchen Lauf die Ereignisse in den ersten Jahrzehnten des 21. Jahrhunderts nehmen könnten, sind wir zu nächst einmal geneigt, von den Tendenzen un serer eigenen Zeit auszugehen. Soweit diese Tendenzen Ausdruck des Modernisierungs prozesses sind, d.h. der fortlaufenden Rationali sierung der Wirtschaftssysteme und Gesell schaftsformen, würden wir eine Fortsetzung und Intensivierung der Säkularisierung, Ver städterung und Industrialisierung erwarten - eine nur allzu offensichtliche Entwicklung im 20. Jahrhundert. In weiterer Folge würde aller Wahrscheinlichkeit nach die Religion als kul turelle Kraft noch stärker abnehmen, die Ge setzlosigkeit noch mehr um sich greifen, das menschliche Leben noch mehr an Sinn verlieren und das Gemeinschaftsgefühl unter den Bewoh nern der großen Ballungszentren des nächsten Jahrhunderts zur Gänze verlorengehen. Es wäre aber auch denkbar, daß sich die Mehrheit der Völker der Ausweglosigkeit, in die die Modernisierung mit ihren negativen Auswirkungen geführt hat, bewußt wird und nach anderen Möglichkeiten sucht, bei denen religiöse Werte und spirituelle Erfahrungen eine wichtigere Rolle spielen. Wir könnten eigent lich schon heute die Umkehr zum religiösen Fundamentalismus im Islam, Christentum, Ju dentum und auch in anderen religiösen Tradi tionen als postmoderne Reaktion auf die Relati vierung der Werte und die psychologischen Unsicherheiten der modernen säkularen Welt sehen. Es gibt aber noch einen Grund, warum sich die weltweite Umkehr zur Religion noch inten sivieren könnte: das Nahen des Jahres 2000, des Beginns des dritten christlichen Jahrtausends. Zugegeben, das neue Jahrtausend begründet sich ausschließlich auf dem christlichen Kalen der, aber dieser Kalender hat einen globalen Einfluß wie kein anderes Zeitsystem. Der Ge danke vom Beginn eines neuen Jahrtausends kann sehr wohl auf Christen wie auch auf Nichtchristen einen tiefen Eindruck machen und ihr Herz und Gemüt für Fragen von letzt endlicher Wichtigkeit öffnen. Eine Rückkehr zur Religion kann viel Gutes mit sich bringen; leider aber auch viel Schlech tes. Im 21. Jahrhundert könnten Religionskriege wiederaufflammen, in einem Ausmaß und mit einer Bitterkeit, wie sie die Welt seit Jahr hunderten nicht mehr gesehen hat. Einen „Vor geschmack“ auf solche Kriege haben uns ja bereits Saddam Husseins politischen Reden vom Heiligen Krieg gegeben, mit denen er die Unterstützung der islamischen Massen für seine Eroberungszüge gewinnen wollte. Obwohl Sad dam Hussein selbst, wie man weiß, ein Ungläu biger ist, kennt er dennoch nichts anderes, auf das die arabischen Massen besser ansprechen, als die Religion. Eine globale Zivilisation kann auch bittere ethnische und nationale Konflikte hervorrufen, die wiederum mit religiösen Konflikten zusam menhängen. Völker, die spüren, daß ihre Kultur in einer alles umfassenden globalen Zivilisation untergeht, werden wahrscheinlich auf der Tradi tion ihrer Ahnen mit solcher Verbissenheit be harren, daß Feindseligkeiten mit anderen Grup pen unausbleiblich sind. Konflikte dieser Art gibt es bereits in Osteuropa und im Nahen Osten. Als Theologe und Religionshistoriker bin ich davon überzeugt, daß die in der Religion enthal tenen Verheißungen nur in dem Ausmaß Wirklichkeit werden können, wie Spaltung und Konflikt, zu denen die großen Religionen zeit weise neigen, durch den Einsatz für die Einheit der Menschheit unter Gott überwunden werden können. Es muß ein Weg für alle Menschen gefunden werden, wie sie ihrer eigenen Reli gion treu bleiben und sich doch mit den anderen Weltreligionen eng verbunden fühlen können. Ich weiß von nur wenigen, wenn überhaupt von jemandem, die sich für dieses Ziel so gewissen haft eingesetzt haben wie Reverend Sun Myung Moon. Es gibt nur wenige religiöse Führer auf der Welt, die in dem Maße anerkannt werden wie Reverend Moon; jedoch wegen einer vorwie gend feindseligen Presse neigt die Öffentlich keit dazu, ihn als eine umstrittene Person zu se hen. Ich bin ein Universitätsprofessor und ein Theologe, dessen religiöse Auffassungen sich in vieler Hinsicht von denen Reverend Moons unterscheiden; aber nach den 14 Jahren, die ich ihn nun schon kenne und mit ihm und seinen Nachfolgern bei ihren ökumenischen Projekten zusammenarbeite, bin ich überzeugt, daß er einer der wichtigsten und ideenreichsten reli giösen Führer unserer Zeit ist, dessen Weitblick sicherlich die Welt des 21. Jahrhunderts spürbar beeinflussen wird. In diesem Essay möchte ich darlegen, warum ich diese Auffassung vertrete. Die globale Gemeinschaft Reverend Moons Ideale in einem einzigen Gedanken zusammengefaßt würden lauten: Als Kinder Gottes sind alle Menschen Mitglieder einer globalen Familie, die in einem globalen Haus wohnt. Der Gedanke als solcher ist sehr alt: Propheten und Lehrer der wichtigen religiö sen Traditionen haben Ähnliches gepredigt. Neu ist, daß er in einer technisch fortgeschritte nen Zeit von einem religiösen Führer gepredigt wird, für den die Welt wahrhaftig ein globales Dorf geworden ist und der auch die Mittel, den Ideenreichtum und den Mut hat, die Verwirkli chung seiner Ideale anzustreben. Wenn auch die Medien Reverend Moon ins grelle Licht der Öffentlichkeit gerückt haben, so ist sich doch kaum jemand bewußt, was für eine Vielfalt von Projekten und Einrichtungen er ins Leben gerufen hat, um die internationalen poli tischen, religiösen und kulturellen Konflikte zu lösen. Er ist keinesfalls der einzige religiöse Führer, der sich für eine bessere Welt einsetzt; während aber viele ihren Nachfolgern lediglich Hoffnung auf eine ideale Welt anbieten, hat Reverend Moon bereits eine Vielzahl konkreter Projekte zu deren Verwirklichung begonnen, wie etwa wirtschaftliche Unterstützung für die Sowjetunion, die Volksrepublik China und viele Länder der dritten Welt. Die Krise, die 1989 und 1990 über die kom munistische Welt hereinbrach, überraschte Re verend Moon keineswegs; ganz im Gegenteil, er hatte sie bereits vor mehr als 10 Jahre vor ausgesagt. Im Jahre 1984 hatte er Funktionären der „Professors' World Peace Academy“ vor geschlagen, eine internationale Konferenz über das Thema „Der Untergang des Sowjet-Rei ches“ in Genf im darauffolgenden Jahr abzuhal ten. Damals schien das sowjetische Imperium so fest verschanzt, daß dieses Konferenzthema hoffnungslos unrealistisch anmutete. Einige Berater hatten versucht, ihn zu einem Thema zu überreden, das ihrer Auffassung nach weniger sensationell gewesen wäre. Rückblickend muß man jedoch sagen, daß er die politische und wirtschaftliche Situation des Sowjet-Reiches viel zutreffender eingeschätzt hat als die mei sten Kenner der Lage aus Regierungskreisen und der akademischen Welt. Anders als jene Intellektuelle in der freien Welt, die sich dem hingeben, was der Marxis mus verspricht, während sie das ignorieren, was er tatsächlich gebracht hat, hat Reverend Moon den Kommunismus in der schlimmsten und repressivsten Ausprägung am eigenen Leib ver spürt. Seine Laufbahn als Prediger begann im Juni 1946 in Pjöngjang, der Hauptstadt des kommunistischen Nordkorea, das aber damals der christlichste Teil der koreanischen Nation war. Im Februar 1948 wurde er verhaftet und in ein kommunistisches Arbeitslager nach Hung nam gebracht, wo er zwei Jahre und acht Mona te gefangengehalten wurde. Am 14. Oktober 1950 wurde er von Truppen der Vereinten Na tionen befreit. Er schlug sich dann nach dem 1000 km weiter südlich gelegenen Pusan durch, begleitet von zwei Nachfolgern, von denen der eine ein gebrochenes Bein hatte; diesen trug er oder schob er auf einem Fahrrad. Als er in Pusan ankam, baute er seine erste Kirche - eine außergewöhnliche Kirche - aus Lehm und von der US-Armee weggeworfenen Pappkartons. Zu Beginn kamen zu seinen Pre digten nur drei Zuhörer, aber aus diesen Anfän gen entstand eine bemerkenswerte weltweite Bewegung. Seine bitteren Erfahrungen mit dem Kom munismus und der Unverstand, den diesem die freie Welt entgegenbrachte, veranlaßten Re verend Moon, weltweite Bildungsaktivitäten in Angriff zu nehmen, um die intellektuellen Schwächen des Marxismus und die von den kommunistischen Nationen begangenen Verstö ße gegen die Menschenrechte aufzuzeigen. Un ter den Organisationen, die er zu diesem Zweck gründete, sind die „International Federation for Victory over Communism“ (IFVOC - Interna tionale Föderation für den Sieg über den Kommunismus), das „VOC Institute“, „CAUSA International“ und CARP, eine weltweite Stu dentenorganisation. Wie es in einigen konservativen Kreisen die Tendenz gibt, hinter jeder liberalen Bewegung den Sozialismus oder gar den Kommunismus zu sehen, gibt es auch in einigen liberalen Kreisen die Tendenz, antikommunistische Bewegungen mit rechtsradikaler Reaktion gleichzusetzen, und zweifellos ist auch Reverend Moon immer wieder in diesem Licht betrachtet worden. Er ist aber keinesfalls ein naiver Verfechter des Kapi talismus und seiner sozialdarwinistischen Ent sprechung, nach der die Wirtschaft die Arena eines gnadenlosen Wettbewerbs zwischen von einander unabhängigen, nur auf ihren Profit be dachten wirtschaftlichen Akteuren ist und sein soll, in der der Stärkere überlebt und der Nicht- Konkurrenzfähige zu Recht untergeht. Seine Ansichten sind weitaus weltoffener und kom plexer. Man kann sein politisches Denken nicht als unkritische Billigung irgendeines wirtschaft lichen Systems der Gegenwart, sei es kommunistisch oder kapitalistisch, verstehen: Seit 20 Jahren schon ist er sich in hohem Maße darüber bewußt, daß sowohl der Kommunismus als auch der Kapitalismus der Reparatur bedür fen. Überdies werden seine antikommunistischen Bildungsprojekte ähnliche Bemühungen, deren einziges Ziel die Zerstörung der kommunisti schen Regime ist, mit aller Wahrscheinlichkeit überdauern. Während manche von diesen von Haß, Bitterkeit und Rachelust motiviert sind, ist Reverend Moons Kritik am Marxismus Aus druck seines Mitgefühls und seiner entschlosse nen Hingabe für die Errichtung einer besseren Welt. Reverend Moons klare Sicht der Grenzen des Kapitalismus ergibt sich zu einem guten Teil aus seiner Sorge für die Armen und Besitzlosen und seiner Überzeugung, daß ein radikaler Indi vidualismus nicht als Grundlage einer gerechten und moralischen sozialen Ordnung dienen kann. Die Wurzeln letzterer Überzeugung liegen be reits in jenen Lebensjahren, da er eine konfuzianistische Volksschule („Sodang“) be suchte. Der Konfuzianismus betont, daß der öffentliche Bereich eine moralische politische Ordnung sein soll, die im Idealfall von weisen, tugendhaften Männern regiert wird. Der Kon fuzianismus sieht den Menschen nicht als ein isoliertes Individuum, das nur vom unper sönlichen Streben nach Eigeninteressen getrie ben wird, sondern als ein im Grunde geselliges Wesen. Reverend Moon steht der Gottlosigkeit des Kommunismus als kompromißloser Kritiker gegenüber, aber er prangert auch die herzlose Gleichgültigkeit des auf freiem Unternehmer tum aufbauenden Kapitalismus den Armen und Hilflosen gegenüber an. Immer wieder streicht er jedoch die verbindenden Aspekte der Ideolo gien des linken und des rechten Flügels heraus und fügt sie zu einem zusammenhängenden Ganzen zusammen, das er „Head-Wing“-Idee nennt. So hat seine Sicht von der Gesellschaft auch eine praktische Seite, die sich hoffentlich im Umgang mit den sozialen Problemen unserer Zeit als wirkungsvoller erweisen wird als übersimplifizierende und weniger flexible An sätze. Leider ist dieser Teil seiner Lehre von den liberalen Medien nur selten erwähnt wor den, die ihn viel eher als einen reaktionären Verfechter eines herzlosen Systems darstellen. Reverend Moons Auffassung nach kann die der Welt bevorstehende Krise nicht allein durch die wirtschaftliche und politische Veränderung der kapitalistischen Gesellschaft überwunden werden. Der Unterschied zwischen einer Gesell schaft, die sich aus gleichgültigen und nur auf ihren Vorteil bedachten Individuen zusammen setzt, und einer kooperativen sozialen Ordnung ist im wesentlichen ein moralischer und spiritueller. In der Überzeugung, daß Amerika von Gott ausgewählt worden ist, eine ent scheidende Rolle in der Erlösung der Mensch heit zu spielen - eine Ansicht, die seit der Lan dung der Pilgerväter im Jahre 1630 von vielen amerikanischen Protestanten vertreten wird - begann Reverend Moon in den Siebzigerjahren mit einer Reihe von öffentlichen Veranstaltun gen eine Kampagne für die spirituelle und mo ralische Erweckung Amerikas. Diese Aktivitä ten folgten der Tradition der großen Er weckungsversammlungen, die eine so wichtige Rolle in der amerikanischen Geschichte gespielt haben. Ziel Reverend Moons war es, den Geist des wahren Christentums wiederzubeleben, der, wie er lehrt, ein Geist der Liebe, der Vergebung und der Einheit ist. Zwischen 1972 und 1978 sprach er in allen 50 US-Bundesstaaten; seine wichtigsten Veranstaltungen waren im „Madi son Square Garden“ (1974) und im „Yankee Stadium“ (1976), beide in New York, und vor dem „Washington Monument“ (1976) in Wa shington D.C. Letztere Veranstaltung wurde von über 300.000 Menschen besucht und war die größte religiöse Versammlung, die jemals in der Hauptstadt abgehalten wurde. Im Jahre 1976 gründete er die „New York City Tribune“, eine kleine aber einflußreiche Zeitung in der Geschäfts- und Finanzhauptstadt der Vereinigten Staaten. Die „Tribune“ machte auf Probleme der Familie aufmerksam, ein The ma von größter Wichtigkeit für Reverend Moon, lange bevor es zum Gegenstand allge meiner Besorgnis wurde. Die „Tribune“ hat sich auf Nachrichten und Hintergrundberichte über nationale Sicherheit und osteuropäische Angelegenheiten spezialisiert, und das in einem weit größeren Ausmaß als andere, viel größere Tageszeitungen. Als Ergebnis davon werden exklusive Berichte der „Tribune“ regelmäßig in den täglichen und wöchentlichen Berichtzusam menstellungen des Pentagon zitiert. Wie immer wieder gesagt wird, geht die Welt von einem Industriezeitalter in ein Informationszeitalter über, d.h. im 21. Jahrhun dert werden die elektronischen und die ge druckten Medien wahrscheinlich eine sogar noch größere Rolle in unserem Leben spielen. In den letzten Jahren ist die Rolle der Medien immer wieder im Mittelpunkt von Diskussionen und Kontroversen gestanden; wie etwa in der Frage, wie eine demokratische Gesellschaft die Pressefreiheit schützt, ohne sich dabei selbst einem möglichen Mißbrauch des Medienmono pols auszusetzen. Damit Themen dieser Art behandelt werden können, fördert Reverend Moon seit 1978 die alljährliche „World Media Conference“ (Weltmedienkonferenz) als ein Forum, bei denen ethische Maßstäbe für den Journalismus erarbeitet werden sollen und das tatsächliche Niveau des Journalismus ange hoben werden soll. Die Konferenzen haben Teilnehmer von bis zu 106 Nationen angezo gen, und zwar nicht nur Fachleute der elektro nischen und der gedruckten Medien, sondern auch bedeutende Publizisten, Staatsmänner und Regierungsmitglieder. Die „World Media Association“ (Weltme dienvereinigung) fördert zusätzlich zu den Kon ferenzen Informationsreisen (fact finding tours) in Konfliktregionen der Welt, denen möglicher weise geholfen werden könnte, wenn ihnen von der Öffentlichkeit größere Aufmerksamkeit geschenkt würde. So reisten beispielsweise im Jahre 1983 zweihundert amerikanische Journa listen nach Europa, um die wachsende Friedens bewegung durch eine Reihe öffentlicher Debat ten und Podiumsdiskussionen von allen Seiten her zu durchleuchten. Grundsatz der Weltme dienvereinigung für solche Reisen ist es, den Medien nach Möglichkeit Zugang zu Personen in Machtpositionen und Schlüsselstellungen und zu den wichtigsten Oppositionsparteien zu verschaffen, damit bereits in kurzer Zeit ein fundierter Einblick gewonnen werden kann. In jenem Jahrzehnt gründete Reverend Moon auch eine Reihe von Einrichtungen im Bereich der Wissenschaften, der Kultur, der Ökumene und der Massenmedien, um seiner spirituellen Botschaft eine praktische Verkörperung zu ge ben. Das Praktische und das Spirituelle gehen in seinem geistlichen Amt immer Hand in Hand. Im Jahre 1982 gründete er die „Washing ton Times“, heute eine der am schnellsten wachsenden und einflußreichsten Zeitungen Amerikas. Damals erfreute sich die linkslibera le „Washington Post“ eines Monopols auf dem Zeitungsmarkt in Washington D.C. Der kon servative „Washington Star“ konnte mit der „Post“ nicht mithalten und mußte sein Erschei nen einstellen, was zu einer ungewöhnlichen Mediensituation für Washington als Hauptstadt eines demokratischen Landes führte: anders als London, Paris und Tokio wurde die Hauptstadt der wichtigsten Nation der freien Welt mit nur einer Zeitung versorgt. Überdies war der nicht mehr bestehende „Washington Star“ Eigentum des weltbekannten Medienkonzerns „Time Inc.“ gewesen; wenn auch viele konservative Amerikaner die Notwendigkeit einer zweiten Tageszeitung in Washington sahen, schreckten sie doch vor den notwendigen Investitionen zurück, denn wenn es „Time Inc.“ nicht ge schafft hatte, sagten sie sich, wer sonst könnte es mit der „Washington Post“ aufnehmen? Wäre materieller Gewinn Reverend Moons Motiv gewesen, hätte er die „Washington Ti mes“ niemals gegründet. Nur einem religiösen Führer mit reichlichen Mitteln, der sich dafür einsetzt, seine Ideale in der realen Welt zu ver wirklichen, war es möglich, diese ungeheuer lich schwere Aufgabe zu bewältigen. Dem „Far Eastern Economic Review“ zufolge hat er in die Times seit ihrer Gründung 250 Mill. $ in vestiert, wobei sich das gegenwärtige jährliche Defizit auf 35 Mill. $ beläuft. Die Investitionen werden aber durch das Ergebnis mehr als ge rechtfertigt: die „Washington Times“ ist eine der Zeitungen Amerikas, die als Quelle von wichtigen Nachrichten oft auch von Konkurrenzblättern wie der „New York Times“ zitiert wird; zu ihren Stammlesern gehören der Präsident der Vereinigten Staaten und sein Ka binett, die meisten Kongreßabgeordneten und andere führende Persönlichkeiten in der Nation; wegen ihrer hohen journalistischen Qualität hat sie über fünfzig bedeutende Auszeichnungen erhalten; der Herausgeber, die Autoren und die Kolumnisten treten regelmäßig als Gastgeber oder Teilnehmer von Nachrichtensendungen im Fernsehen auf. Wichtige Faktoren für den Einfluß der „Ti mes“ sind ihre redaktionelle Unabhängigkeit und ihre Glaubwürdigkeit. Als sie gegründet wurde, meinten Kritiker, daß sie als Zeitung niemals ernst genommen werden würde, weil die Vereinigungskirche sie als Hausorgan be nutzen würde; damit unterschätzten sie aber Reverend Moon. Dieser wußte nämlich, daß eine gute Zeitung einen Stab von erstklassigen Fachleuten braucht, denen man vertrauen kann, daß sie ihre redaktionelle Freiheit in verantwortlicher Weise benutzen. Acht Jahre erscheint die „Times“ nun schon, und ihr guter Ruf, in dem sie wegen ihrer großen journalisti schen Leistungen und ihrer redaktionellen Unabhängigkeit steht, hat sich immer mehr gefestigt. Noch vor der „Washington Times“ gründete Reverend Moon im Jahre 1980 „Noticias del Mundo“, eine Zeitung für den großen und wachsenden spanischsprechenden Bevölkerungsanteil in den Vereinigten Staaten. „Noticias del Mundo“ erscheint gleichzeitig in New York und Los Angeles und ist die einzige landesweite Zeitung in spanischer Sprache in den Vereinigten Staaten. Die „Washington Times“ steht auch hinter zwei hochinter essanten Erscheinungen: den Zeitschriften „The World & I“ und „Insight“. „Insight“ ist ein wöchentliches Nachrichtenmagazin, das es in wenigen Jahren auf eine verkaufte Auflage von über 500.000 Exemplaren gebracht hat. Die Gründung von „Insight“ wurde vom „Media Guide“ als „einer der wichtigsten Beiträge zur Weiterentwicklung der Presse im Jahr 1986“ gepriesen. Die Gründung der Zeitschrift „The World & I“ ist ein weiteres Beispiel von Reverend Moons Courage. Als sich „The World & I“ noch im Planungsstadium befand, sagte Re verend Moon den Herausgebern, daß jede Aus gabe ein Instrument zur Weiterbildung für Wis senschaftler auf der ganzen Welt sein solle und daß auf 700 Seiten die wichtigsten Themen, die die Welt gerade beschäftigen, detailliert unter sucht und kommentiert werden sollen. Einige Herausgeber meinten, daß diese Aufgabe ihre Fähigkeiten überschreiten würde, aber Re verend Moon hatte mehr Glauben an sie als sie selbst. In jeder Ausgabe von „The World & I“ findet die neueste grafische Technik Anwen dung: ein kleineres Magazin hätte Reverend Moons Zielen nicht gerecht werden können. Es gibt viele religiöse Führer, die, um bei einer Massenzuhörerschaft Anklang zu finden, ihre Botschaft vereinfachen. Das ist jedoch nicht die Art Reverend Moons. Da er aus einer östlichen Kultur kommt, weiß er sehr wohl, wie wichtig die Rolle des Weisen ist, wenn es dar um geht, die Menschen verstandesmäßig und moralisch zu führen. Deshalb versucht er auch immer wieder, Gelehrte, Wissenschaftler und Intellektuelle, die sozusagen die Weisen von heute sind, zu erreichen - aber nicht durch Pre digen, sondern indem er ihnen den geeigneten Rahmen für einen freien Dialog zur Verfügung stellt. So schuf er verschiedene Einrichtungen, in denen sie über ihr Wissen und ihr Ver ständnis im Hinblick auf die Schaffung einer besseren Welt Austausch pflegen können. Eine der bekanntesten dieser Einrichtungen ist die „International Conference on the Unity of the Sciences“ (ICUS - Internationale Konfe renz über die Einheit der Wissenschaften), die 1972 gegründet wurde. ICUS ist ein interna tionales interdisziplinäres Forum, in dem Wis senschaftler über Themen von weltweitem In teresse sprechen können. Über den Zweck der Gründung von ICUS hat sich Reverend Moon folgendermaßen geäußert: „Was wir brauchen, ist nicht eine industrielle oder technische Revo lution, sondern eine große Revolution des menschlichen Bewußtseins. Die Lösung der sozialen Probleme ist nicht auf die Naturwissenschaften begrenzt, sondern muß überdisziplinär die Gebiete der Sozialwissen schaft, der Religion und der Geisteswissen schaften beeinflussen.“ Alexander King, der Präsident des „Club of Rome“, hat einmal ge sagt, daß „auf Weltebene ICUS die einzige Ge legenheit ist, bei der Wissenschaftler von ver schiedenen Fachrichtungen zusammenkommen können, um zu diskutieren, wie sie interdiszipli när zusammenarbeiten und so zu einer Lösung der heutigen globalen Probleme beitragen kön nen.“ Wie es sich mit allen wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen, die Reverend Moon gegründet hat, verhält, ist auch hier die intellektuelle und akademische Freiheit der Teilnehmer die unbestrittene Vorbedingung jedes echten Dialogs. Andere von Reverend Moon gegründete Or ganisationen sind die „Professors' World Peace Academy“ (PWPA - Akademie der Professoren für den Weltfrieden), ein weltweites Netz von an Universitäten engagierten Akademikern in über 90 Ländern; das „Washington Institute for Values in Public Policy“ (Washingtoner Institut für Werte in der öffentlichen Politik), ein über parteiliches Forschungsinstitut, das sich mit den Auswirkungen der Innen- und Außenpolitik auf Staat und Gesellschaft beschäftigt, wobei auf Fragen der Ethik ein besonderes Augenmerk gerichtet wird, und die „International Religious Foundation“ (Internationale Religionsstiftung), die Vertreter geradezu aller Religionen der Welt zusammenbringt, um durch einen interreli giösen Dialog für den Weltfrieden zu arbeiten. Projekte für eine postkommunistische Welt Was den Kommunismus angeht, begann sich im Jahre 1984 Reverend Moons langzeitiges Ziel zu ändern: es ging ihm nun nicht mehr dar um, ihn zu bekämpfen, sondern Wege zu fin den, wie die osteuropäischen Länder, einschließlich der Sowjetunion, vor dem wirt schaftlichen Zusammenbruch und der spiri tuellen Zerrüttung bewahrt werden könnten. Schon lange bevor die erste, durch den Nieder gang des Kommunismus im Jahre 1989 hervor gerufene Euphorie der Ernüchterung gewichen war, wußte Reverend Moon, daß es keinen leichten Übergang zu Demokratie und wirtschaftlicher Stabilität in Ländern geben könne, die 45, manche sogar bis zu 70 Jahre lang unter dem Joch des Kommunismus gestan den hatten. Leider hatten weder die USA noch Japan realistische Pläne für die wohl wichtigste Aufgabe seit dem Ende des Zweiten Weltkrie ges: den friedlichen Wiederaufbau der desola ten kommunistischen Gesellschaften Osteuro pas. Reverend Moon wußte, daß Nichtstun, und die damit wohl unausbleibliche Auflösung der Sowjetunion, das Schlimmste wäre. Trotz der Krise unterhält die Sowjetunion noch immer die größte Armee der Welt mit einem furchterre genden Arsenal der modernsten Kampfgeräte und besitzt auch über 20.000 mit atomaren Sprengköpfen bestückte Raketen. Ein Umsturz durch jene Elemente in KGB und Militär, die dem alten kommunistischen System weiterhin treu sind, bleibt eine ständige Bedrohung, so auch die Möglichkeit eines Bürgerkrieges in diesem Vielvölkerreich. Reverend Moon, der schon lange für Glas nost und Perestroika eintritt, meint, daß die Vereinigten Staaten durchaus in der Lage wä ren, der Perestroika zum Durchbruch zu verhel fen. Er glaubt auch, daß Präsident Gorbatschow mit der entsprechenden Hilfe aus dem Ausland die nötigen Reformen durchführen kann. Au ßerdem hat er im Hinblick auf die Sowjetunion ausgezeichnete Informationsquellen: vor über 10 Jahren ermutigte er einige seiner Nachfolger, Russisch zu lernen und trotz aller Gefahren als Missionare in die Sowjetunion zu gehen. Als die Sowjetunion langsam eine tolerantere Hal tung gegenüber der Religion einnahm, waren Moons Nachfolger schon an Ort und Stelle und kannten das Land bereits von innen. Nach Reverend Moons Auffassung hätte die Regierung Bush im Jahre 1989 Gorbatschow substantielle Hilfe anbieten sollen; sie schätzte aber die Perestroika falsch ein und blieb ihr gegenüber skeptisch, noch lange nachdem es offenbar geworden war, daß es sich hier um historische Veränderungen handelte. Im Gegen satz dazu hat sich die Bundesrepublik Deutsch land verpflichtet, der UdSSR Auslandshilfe im Wert von 30 Mrd. DM zu gewähren. Nach Re verend Moons Auffassung hat Amerika hier eine Gelegenheit versäumt: hätten die Vereinig ten Staaten und die Sowjetunion früher schon einen Schulterschluß erzielt, wäre es Saddam Hussein vielleicht nicht möglich gewesen, in Kuweit einzufallen. Handlungsweise Wie schon so oft in der Vergangenheit, hatte Reverend Moon nicht nur einen fundierten Ein blick in die sich anbahnende Krise sondern auch einen Plan. Am 11. April 1990 fand in Moskau ein außergewöhnliches Treffen statt - zwischen Reverend Moon und Präsident Gor batschow. Dieses bestand aus zwei Sitzungen: die erste eine eineinhalbstündige Zusammen kunft von Gorbatschow, Reverend Moon und 28 ehemaligen Staatsoberhäuptern und Regierungsmitgliedern, die zweite ein halb stündiges privates Treffen von Gorbatschow und Moon. Reverend Moon sagte dem sowjeti schen Führer, daß ein neues Wertsystem not wendig wäre, um sich die Stärken beider Syste me, des Kapitalismus und des Sozialismus, zu nutze zu machen. Reverend Moon sprach zu Gorbatschow als religiöser Führer und bestand darauf, daß eine auf Gott ausgerichtete Welt anschauung notwendig sei, um Harmonie zwi schen den Zielen des Einzelnen und den An forderungen der Gruppe zu erreichen. Das We sentliche sei, daß der einzelne nur durch den Dienst am anderen Selbsterfüllung finden kön ne, daß aber solch eine Uneigennützigkeit nur dann möglich sei, wenn der Einzelne glaube, daß er in Übereinstimmung mit dem Willen Gottes handle. Ohne dieses Bewußtsein von Berufung und Mission habe der einzelne wenig Grund, über Gier, Egoismus und Materialismus als primäre Beweggründe hinauszuwachsen. Anders als jene westlichen Führer, die den Zusammenbruch des kommunistischen Imperi ums als einen Sieg des westlichen, auf freiem Unternehmertum aufbauenden Kapitalismus deuten, sagte Reverend Moon dem sowjetischen Führer, daß der Kommunismus auch durchaus brauchbare Ansätze habe, die, während sich Osteuropa auf die Marktwirtschaft zubewegt, nicht verlorengehen sollten; es gäbe auch im Westen vieles, das der Reform bedürfe. Unter den anerkennenswerten Punkten des Marxismus erwähnte er die Hoffnung, die der Kommunis mus den Unterdrückten und Besitzlosen mache, den Ruf nach dem Ende des Rassismus und die Suche nach sozialer Gerechtigkeit. Er lobte auch, daß im Kommunismus der einzelne dazu angehalten werde, für die Gemeinschaft Opfer zu bringen, und daß nach dem kommu nistischen Wertsystem das Leben mehr sei als die Anhäufung materieller Güter. Da er selbst Gefangener in einem kommu nistischen Straflager in Nordkorea gewesen ist, ist ihm das Wesen des marxistischen Systems als eine der schlimmsten Tyranneien der Ge schichte wohl bewußt; deshalb sprach er auch lediglich von durchaus brauchbaren Ansätzen des Kommunismus. Sind aber die uneigennützi gen Ideale des Kommunismus erst einmal von ihrer Verflechtung mit der Tyrannei frei, die die konstruktiven Ansätze des Marxismus unter wandert hat, können sie nach Reverend Moons Verständnis der freien Welt des 21. Jahrhun derts viel bieten. Reverend Moon hat immer wieder betont, ein Gegner des Marxismus, nicht aber der Men schen in der Sowjetunion oder der Volksrepu blik China zu sein. Er glaubt, daß beide Länder im 21. Jahrhundert international eine entschei dende Rolle spielen können. Zur Zeit des Tref fens mit Gorbatschow umriß Reverend Moon seine Zukunftsvision für die Sowjetunion vor den Teilnehmern jener internationalen Konfe renzen, die in Moskau von zwei von ihm gegründeten Organisationen abgehalten wur den: der „World Media Association“ und dem „Summit Council for World Peace“ (Gipfelrat für den Weltfrieden), dessen Mitgliedschaft auf ehemalige Staatsoberhäupter der Welt begrenzt ist. Er gab folgende Erklärung ab: „Ich sehe eine moralische und wirtschaftli che Renaissance der Sowjetunion kommen, die auf die ganze Welt große Auswirkungen haben wird. Ich werde alles mir mögliche tun, um diese Renaissance anzuregen und zu unter stützen... Ich glaube, daß die Sowjetunion eine Schlüsselrolle in Gottes Plan spielt, eine Welt des dauerhaften, echten Friedens zu errichten. Diese große Gemeinschaft von Nationen, die sich vom Fernen Osten, an mein Vaterland Ko rea angrenzend, bis zum Herzen Europas er streckt, ... hat die natürliche Bestimmung, eine Brücke zwischen Europa und Asien zu sein. Wir müssen uns als Mitglieder einer globalen Familie betrachten, die in einem globalen Haus wohnt.“ Bei dem Treffen mit Gorbatschow sagte Reverend Moon, er werde alles in seiner Macht tun, um Investoren und Unternehmer anzure gen, die Möglichkeiten der Joint Ventures mit der Sowjetunion wahrzunehmen. Das war kein leeres Versprechen: über die Jahre hat er ein weltweites Netz von Unternehmungen etabliert. Für viele mag das eine seltsame Aufgabe für einen religiösen Führer sein; aber die einfluß reiche „Far Eastern Economic Review“ (1. November 1990) hat geschrieben, er habe sei nen Nachfolgern gesagt, daß Ideen ohne das für ihre Verwirklichung nötige Geld nur Träume seien. Wie wir sehen, trachtet Reverend Moon stets danach, seine religiöse Vision von der Welt als einer Familie unter Gott durch weitrei chende praktische Projekte zu untermauern und die finanzielle Basis für die Ermöglichung die ser Projekte zu schaffen. Neben der Gründung von Joint Ventures mit der Sowjetunion regt Reverend Moon die Er richtung einer Reihe von steuerfreien Industrie zonen an, jede von ihnen in der Größe von eini gen tausend Quadratkilometern, für die Her stellung von Gütern für den heimischen Markt und den Export. Eine dieser Industriezonen könnte an der sowjetische Pazifikküste einge richtet werden. Gorbatschow konnte diesen Vorschlag durchaus ernst nehmen, weil Reverend Moon eine solche Industriezone bereits errichtet hat, und zwar in der Volksrepublik China nahe der Stadt Huizhou an der Südküste, ungefähr 80 km von Hongkong entfernt. Dort baut die „Panda Motors Corporation“ ein riesiges Montagewerk für die Herstellung des Panda, Chinas ersten preisgünstigen Qualitätsautos. Wenn die Fabrik erst einmal in Betrieb ist, wird mit einem Aus stoß von 300.000 Autos im Jahr gerechnet. Die „Washington Post“ (4. Dezember 1989) hat berichtet, daß der Panda ein Kleinwagen nach dem Vorbild des Chevrolet Chevette sein wird, jedoch wesentlich verbessert und auf den neue sten Stand gebracht. Die „Washington Post“ zitiert im weiteren Experten, die meinen, daß sich die Idee mit China wegen der unbefriedig ten Nachfrage für Autos in der dritten Welt, wo der Panda in erster Linie abgesetzt werden soll, als genial herausstellen könnte. Reverend Moon forderte nicht nur westliche Unternehmer und Regierungen auf, in der So wjetunion zu investieren, er ermöglichte auch 100 japanischen Firmenvertretern, Moskau zu besuchen. Zuerst wollten sie nicht, da sie mein ten, daß vor einer „Investitionsfahrt“ zuerst einmal die nach dem Zweiten Weltkrieg von der Sowjetunion besetzten Kurilen-Inseln an Japan zurückgegeben werden sollten. Reverend Moon als geistlicher Lehrer betonte aber, daß das Geben dem Nehmen vorausgehen müsse und ermunterte sie zu dem Besuch. Am Ende mußten sie eingestehen, daß es bereits höchste Zeit gewesen war. Weder Reverend Moon noch seine Kirche zogen aus all dem irgendeinen materiellen Gewinn; der Zweck war lediglich, die Perestroika zu unterstützen und der Sowjet union in einer sehr ernsten Krise zu helfen. Wie wir sehen, sieht Reverend Moon für die Menschheit im 21. Jahrhundert echte Chancen; er sieht aber auch Gefahr. Um es in der Sprache der Religion zu sagen: Satan ist ein unermüdli cher Feind der Mensch, die so zu leben trachten, wie Gott es für sie vorgesehen hat. Inmitten der Euphorie, die dem Zusammen bruch des Kommunismus folgte, stellte Reve rend Moon warnend fest, daß das Wirtschafts system der Welt in einer Krise stecke. Zwar taten die meisten Wirtschaftsfachleute den „Schwarzen Montag“ der Weltaktienmärkte am 19. Oktober 1987 als ein zweitrangiges Ereignis ab; nicht aber Reverend Moon: er sagte, daß der damals beinahe eingetretene Zusammenbruch der Weltwirtschaft ein Zeichen einer weitaus größeren und länger anhaltenden Krise war; er wies auf das 500-Milliarden-Dollar-Loch der amerikanischen Sparkassen und Kreditunter nehmungen hin, das in hohem Maße der Hab gier und dem unentschuldbaren Mißbrauch der Treuhandschaft der Leiter der betroffenen In stitutionen und jener Regierungsmitglieder, Senatoren und Kongreßabgeordneter zu zuschreiben ist, die an dem Wohlwollen der Banker mehr als an der finanziellen Gesundheit ihres Landes interessiert sind. Er zeigte auch die jüngsten Bestechungsaffären auf, bei denen es um viele Milliarden Dollar ging, wie etwa der Junk-Bond-Skandal, der den Bankrott einiger der größten amerikanischen Unternehmen und Geldinstitute verursacht hat. Ruf nach einer Wandlung der Werte Das von Reverend Moon aufgezeigte Pro blem ist das Ergebnis einer jahrhundertelangen Entwicklung. In einer reinen Geldwirtschaft werden Waren und Dienstleistungen zum best möglichen Preis für Käufer und Verkäufer aus getauscht. In einem Wirtschaftssystem solcher Art hat der Arbeiter nur eine Ware zu verkau fen: seine Arbeitskraft. Leider nur allzu oft kön nen die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer völlig unpersönlich werden, näm lich dann, wenn sich der Arbeitgeber dem Ar beitnehmer gegenüber ausschließlich darin ver pflichtet fühlt, ihm den vereinbarten Lohn zu bezahlen. In einer technisch hochentwickelten Gesell schaft herrscht notwendigerweise ein hohes Maß an gegenseitiger Abhängigkeit; und die Geschwindigkeit der technologischen Entwick lung wird im 21. Jahrhundert sicherlich noch zunehmen. Ein individualistisches Wertsystem, bei dem jeder auf seinen Vorteil bedacht ist, mag in der Anfangsperiode der Industriellen Revolution in England und in den Vereinigten Staaten seinen Sinn gehabt haben; heute aber ist, wie Reverend Moon feststellt, ein solches Wertsystem kontraproduktiv. Um effektiv ar beiten zu können, müssen Unternehmen harmonische, produktive Gemeinschaften wer den und aufhören, Austragungsstätten erbitterter Schlachten der verschiedenen Klassen- und Wirtschaftsinteressen zu sein. Zwar werden die Ziele der Arbeiter und der Firmenleitung nie dieselben sein, es ist aber dennoch weit mehr Harmonie möglich als der individualistisch ausgerichtete Kapitalismus bisher gebracht hat. Nach Reverend Moons Verständnis ist eine Wandlung der Werte vonnöten, die nur durch die Religion herbeigeführt werden kann. Es ist das der Grund, warum Reverend Moon immer wieder den religiösen Glauben und die religiöse Hingabe als unentbehrlich für die Welt des 21. Jahrhunderts betont. Dieser Gedanke steht in Übereinstimmung mit den wissenschaftlichen Erkenntnissen des großen deutschen Religions soziologen Max Weber, daß die religiösen Wer te des Kalvinismus ein unerläßlicher Faktor in der Umwandlung der feudalen Gesellschaft des mittelalterlichen Europa in die kapitalistische Gesellschaft der modernen westlichen Welt gewesen sind. Weber setzte sich besonders mit Karl Marx auseinander, der behauptet hatte, daß diese Umwandlung ausschließlich von materiel len Faktoren der sich verändernden Produktionsweisen bewirkt worden sei. Wir sehen also, daß Reverend Moons Ruf nach einer spirituellen Umwandlung nicht nur in einer religiösen Weltanschauung sondern auch in der Religionssoziologie begründet ist. Im Mittelpunkt von Reverend Moons Lehre für die Welt des 21. Jahrhunderts steht die Erkenntnis, daß die Menschen und Nationen einander mit einem uneigennützigen Herzen begegnen müssen (Das war auch der Haupt grund, warum es ihm gelang, die japanischen Investoren zu überzeugen, die Sowjetunion noch vor einer Lösung der Kurilenfrage zu be suchen). Diese Erkenntnis, so glaubt er, kann als Grundlage für die Schaffung einer harmo nischen Gesellschaft dienen und auch dazu, die wirtschaftliche Ungleichheit zwischen den tech nisch fortgeschrittenen Nationen des Nordens und den weniger entwickelten Nationen des Südens auszugleichen. Ein Leben für andere Reverend Moon definiert wahre Liebe als ein Leben für andere; seiner Auffassung nach muß dies das Herzstück einer Weltanschauung für das 21. Jahrhundert sein. Er meint, daß die Kri se im Nahen Osten beigelegt werden könne, wenn sich die religiösen Führer der Welt ver einigten. Erst kürzlich hat er dazu seinen Bei trag geleistet, indem er Hunderte von religiösen Führern aus allen großen Religionen der Welt im Rahmen der „Second Assembly of the World's Religions“ (Zweiten Versammlung der Religionen der Welt) im August 1990 in San Francisco versammelte (Er hat sich auch un längst mit islamischen Führern in Kairo getrof fen). Das Programm dieser Versammlungen ist interreligiös und interkulturell; ihr Ziel ist es, von innen heraus das Wesen der spirituellen Traditionen der Welt zu verstehen, die Ressour cen und Inspirationen, mit denen wir die Krise unserer Zeit vielleicht überwinden können. Ich war Teilnehmer bei der ersten und bei der zweiten Versammlung der Religionen der Welt. Unter den wertvollsten Erlebnissen, die ich dabei hatte, waren meine Gespräche mit verantwortungsbewußten islamischen Führern, Gelegenheiten, die ich sonst wohl kaum gehabt hätte. Zwar bin ich, was die Aussichten auf einen dauerhaften Frieden im Nahen Osten an geht, um einiges pessimistischer als Reverend Moon, aber der interreligiöse und interkultu relle Dialog, wie er ihn angeregt hat, ist sicher lich eine der Vorbedingungen für den Frieden. Die Verwirklichung des Ideals, für andere zu leben, sieht Reverend Moon auch darin, daß das technische Wissen als eine von Gott gegebene Ressource der ganzen Welt zur Verfügung ste hen sollte. Wie wir wissen, ist das jetzt aber nicht der Fall. Er lehrt auch, daß es aus religiö ser Sicht falsch sei, daß die reichen Nationen die fortgeschrittene Technik monopolisierten und die weniger entwickelten Länder von ihnen wirtschaftlich abhängig machten. Er tritt nicht nur für die Weitergabe technischen Wissens und für eine technologische Gleichheit ein, sondern er hat auch bereits praktische Schritte zu deren Verwirklichung unternommen. So wird etwa beim Projekt „Panda Motors“ in Chi na die neueste Produktionstechnik von Deutsch land importiert, um die Chinesen wettbewerbs fähig zu machen. Weder Reverend Moon noch die Vereinigungskirche erwarten sich daraus irgendwelchen materiellen Gewinn. Mit der lateinamerikanischen Befreiungstheologie teilt Reverend Moon eine tiefe Besorgnis über die Ausbeutung der weniger entwickelten Nationen durch die entwickelten Nationen der nördlichen Hemisphäre (Seine Kirche ist besonders gut in Brasilien entwickelt); er teilt mit ihr jedoch nicht ihren unkritischen Glauben an den Sozia lismus als einen Ausweg aus den wirt schaftlichen und sozialen Problemen der dritten Welt. Da Reverend Moon sehr praktisch denkt, glaubt er auch, daß der Ausgleich der krassen Unterschiede zwischen den entwickelten und den weniger entwickelten Nationen, zwischen Nord und Süd, eine Voraussetzung für die Lö sung der Konflikte zwischen den Rassen und Kulturen der Welt ist. Um die Lösung interna tionaler Konflikte zu fördern, gründete er un längst die „International Foundation for World Peace“ (IFWP - Internationale Stiftung für den Weltfrieden), der die gleiche Philosophie zu grundeliegt, wie allen seinen ethischen und religiösen Lehren: ein Leben für andere. Die IFWP-Erklärung ist bereits von 10.000 Wissen schaftlern auf der ganzen Welt unterzeichnet worden. Einer der meistumstrittenen Punkte in Re verend Moons Mission sind die großangelegten internationalen Trauungen, die er für seine Nachfolger durchgeführt hat. In der Vereini gungskirche werden die Mitglieder ermutigt, Ehepartner aus einer anderen Kultur und mit einer anderen Religion als ihrer eigenen an zunehmen. Es haben nun Soziologen festge stellt, daß die Wahrscheinlichkeit einer Schei dung bei diesen Ehen weitaus niedriger ist als bei den im Westen herkömmlichen Ehen; die internationalen Trauungen sind auch ein Aus druck der Lehre Reverend Moons, die er von der Bibel abgeleitet hat und nach der alle Men schen Kinder Gottes sind und alle Rassen vor Gott gleich viel gelten. Weitere Beispiele für Einrichtungen, in de nen Reverend Moons Ideal des Lebens für ande re Ausdruck findet, sind unter anderem: die „International Relief Friendship Foundation“ (IRFF - Freundschaftsstiftung für Internationale Hilfe), „International Christians for Unity and Social Action“ (ICUSA - Internationale Chri sten für Einheit und Soziale Tätigkeit) und der „Religious Youth Service“ (RYS - Religiöser Dienst junger Menschen). Die Programme von IRFF haben folgendes zum Inhalt: Landwirt schaft, Entwicklung ländlicher Gegenden, Fach ausbildung, Gesundheitsvorsorge, Katastro phenhilfe und verschiedene Dienste in Stadt und Nachbarschaft. Ärzteteams von IRFF sind im Kampf gegen Krankheiten in Afrika, Süd amerika und Asien tätig; IRFF-Teams helfen auch vietnamesischen und kambodschanischen Flüchtlingen in Thailand. ICUSA ist in über hundert Städten in den Vereinigten Staaten eta bliert. Es begann damit, daß Reverend Moon Geld für den Kauf von 250 Lastwagen bewil ligte; diese werden für den Transport von Nah rungsmitteln, Kleidung und medizinischen Gü tern an die Armen in den USA und in Übersee eingesetzt. ICUSA arbeitet mit christlichen Geistlichen und Organisationen für Dienste in der Nachbarschaft zusammen; es werden jähr lich über 3 Mill. kg Nahrung verteilt. RYS richtet sich an junge Menschen, un geachtet deren Herkunft und deren religiösen Bekenntnisses, und fordert sie auf, bei verschie denen Hilfsprojekten, die jedes Jahr in einem anderen Land durchgeführt werden, mitzuarbei ten. Bis jetzt hat RYS Projekte auf den Philippi nen (1986), in Portugal (1987), Spanien (1988), Italien (1989) und Polen (1990) organisiert. Kürzlich arbeiteten Freiwillige von RYS an drei Projekten in Polen, von denen eines die Mithil fe beim Bau einer Schule für sehbehinderte Kinder in Krakau war. Nach Ansicht des Futurologen John Naisbitt (Megatrends 2000) werden in den letzten Jahren dieses Jahrzehnts die Künste den Sport als be liebteste Freizeitbeschäftigung der Gesellschaft allmählich ersetzen. Er schreibt: „Seien es die Vereinigten Staaten, Europa oder der Ferne Osten, wo immer sich die wohlhabende Informationsgesellschaft etabliert hat, ist die Notwendigkeit offenbar geworden, den Sinn des Lebens durch die Künste neu zu ergründen.“ Daß Reverend Moon die Künste fördert, wozu er sich aufgrund seiner religiösen Vision ver pflichtet fühlt, scheint diesem Trend vorge griffen zu haben. Durch ihn ist das „New York Symphony Orchestra“ unter die Schirmherr schaft der „International Cultural Foundation“ (Internationale Kulturstiftung) gekommen. Auch fördert er die „Universal Ballet Compa ny“, Seoul (Korea), und die „Universal Ballet Academy“, Washington D.C. Letztere wird von Oleg Winogradow, Direktor des weltberühmten Kirow-Balletts, Leningrad, geleitet. Als sie im Jahre 1990 ihre Tore öffnete, schrieb die „Wa shington Post“: „Die „Universal Ballet Acade my“ ... wird ein wichtiges Ausbildungszentrum des russischen klassischen Balletts in den USA sein und wird unweigerlich auf die ganze Na tion einen großen Einfluß haben... Seine Bezie hung mit dem Kirow-Ballett, durch Winogra dow und andere, stellt eine Brücke her zwi schen dem amerikanischen Tanz und der Hoch burg des klassischen Tanzes auf der Welt.“ Von besonderer Bedeutung sind die „Little Angels“, Koreas nationales Volkstanzballett, und die „Little Angels Performing Arts School“ (Little-Angels-Schule der Darstellenden Kün ste). Von 1965 an sind die „Little Angels“, die zwischen 7 und 15 Jahre alt sind, 16mal auf Welttournee gegangen und haben in 40 Ländern mehr als 21tausend Darbietungen gegeben. Da Reverend Moon die Notwendigkeit der Moral in der Kunst erkannt hatte, gründete er auch die „Artists Association International“ (AAI - Inter nationale Künstlervereinigung), die die För derung des Idealismus in der Kunst zum Ziel hat. Eine der vielen Aktivitäten von AAI ist die „International Conference of the Arts“ (Interna tionale Konferenz der Künste), ein Forum für Künstler und Kunstkritiker der ganzen Welt, auf dem die Rolle des Künstlers bei der Ver besserung der Verständigung und des Verständ nisses unter den Völkern behandelt wird. Wie bereits festgestellt, entspringt diese au ßergewöhnliche Vielzahl der Aktivitäten Re verend Moons seinen religiösen Über zeugungen. Für ihn ist Gott ein Wesen absoluter Liebe, das den Menschen ursprünglich als ein Objekt seiner Liebe schaffen wollte, mit der Fähigkeit, seine Liebe zu erwidern. Der von Gott gegebene Zweck des Menschen ist es, Freude zu erleben, und zwar in einer Beziehung mit Gott und dem Mitmenschen durch das Empfangen und Erwidern von Liebe. Durch den Fall des Menschen wurde aber die Erfüllung dieses Zweckes vereitelt. Trotzdem trachtet Gott in seiner Vorsehung danach, sein Ziel zu erreichen, das nichts Geringeres ist, als die Wie derherstellung des ursprünglichen, idealen Zu standes, den er für alle Menschen geplant hat: das Himmelreich auf Erden. So ist die uralte Sehnsucht des Judentums und des Christentums auch der zentrale Punkt aller Aktivitäten Reverend Moons: die Errich tung des Gottesreichs. Sich für dieses Ziel ein zusetzen motiviert all sein Wirken und hat ihm auch die Kraft gegeben, seine weltweiten Akti vitäten zu entwickeln, obwohl die Anfänge äu ßerst bescheiden waren: eine Kirche aus Papp karton und Lehm in einem Land, das vom schlimmsten aller Krieg verwüstet war, dem Krieg unter Brüdern. Seine Ziele sind eindeutig messianischer Art, und viele seiner Nachfolger sind überzeugt, daß er tatsächlich der Messias ist, von Gott dazu berufen, das Werk der Wiederherstellung der Menschheit als einer weltweiten Familie zu vollenden, in einer Zeit, in der die Technik im Begriff ist, die Welt in ein globales Dorf zu verwandeln. Wie ich zu Beginn dieses Essays erwähnt habe, sind meine eigenen theologischen Ansich ten anders als seine, aber das ist eben ein weite res Zeichen für seine Einzigartigkeit. Ich kenne keinen anderen religiösen Lehrer, der sich in so vielen Lebensbereichen engagiert und dessen Aktivitäten eine solche Vielfalt von Menschen ansprechen: Menschen aller Berufe, Nationali täten und religiöser Überzeugungen - von ehe maligen Staatsoberhäuptern über Nobelpreis träger bis hin zu gewöhnlichen Männern und Frauen guten Willens. Mehr als irgendeinem anderen weltbekannten religiösen Führer ist es ihm gelungen, Menschen aller Kontinente in gemeinsame Aktivitäten für den Zweck der materiellen, moralischen und spirituellen Ver besserung der Menschheit einzubeziehen, ohne daß sie von ihrem eigenen religiösen Glauben Abstriche hätten machen müssen. Überdies bezweifle ich, daß aus einer anderen religiösen Vision, außer der seinigen, die Motivation hätte erwachsen können, die für die Erzielung seiner Erfolge und für die Ausweitung seiner Aktivitä ten auf einen ökumenischen Wirkungskreis notwendig war. Mit anderen Worten: Nur ein Mensch, der davon überzeugt ist, von Gott beru fen zu sein, das Reich Gottes auf Erden für alle Nachkommen von Adam und Eva zu errichten, kann das aufbauen, was er aufgebaut hat. Man muß kein Mitglied der Vereinigungs kirche sein, um zu verstehen, wie zerstörerisch Egoismus, Habgier und Genußsucht sind, die nur allzu oft den radikalen Individualismus des Westens charakterisiert haben, besonders dann, wenn dieser Individualismus seines ursprüngli chen religiösen Zusammenhangs beraubt war: der einsame Gläubige vor seinem Schöpfer vor Gericht. Der technische Fortschritt wird im 21. Jahrhundert noch schneller vor sich gehen, und damit auch die Versuchung, die Technik zur Bereicherung einiger weniger wohlhabender Einzelpersonen oder Nationen auf Kosten der Mehrheit der Menschheit zu benutzen. Es wird wichtiger denn je sein, sich Reverend Moons Lehre zu Herzen zu nehmen, daß alle Menschen lernen müssen, für andere zu leben, als eine vereinte Weltfamilie unter Gott. Wenn wir das nicht verstehen, werden sich die Verheißungen des 21. Jahrhunderts nicht erfüllen.