Die Zukunft beginnt

Nichts ist stärker als eine Idee, deren Zeit gekommen ist, meinte Viktor Hugo. Das 21. Jahrhundert wird religiös sein, oder es wird nicht sein, schrieb Andre Malraux. Jede Epoche findet ihre Idee, ihre Propheten, ihre Helden. Wir haben keine Angst mehr vor einem jüngsten Gericht am Vorabend der Jahrtausendwende wie die Christen vor 10 Jahrhunderten. Wir wissen, daß uns kein chiliastisches Reich, kein sozialistisches Utopia von unserer individuellen Verantwortung zur Gestaltung der Welt entbinden kann. Wenn die Prognosen über ein erstarkendes religiöses Zeitalter zutreffen, gehört die Vereinigungsbewegung des Reverend Moon zu den Boten der kommenden Ära. Wir können uns in keinem Fall eine Welt ohne Vision, ohne Hoffnung, ohne Friedensstreben leisten. Dem Reverend Moon bestätigen auch Kritiker der neuen Religionen, seine Lehre dürfe "als eine durch menschliche Erfahrung verifizierbare Denkstruktur gelten" bzw. beinhalte eine ausgefeilte Theologie und Philosophie, die wegen ihrer Komplexität nicht gut verkürzt widergegeben werden kann. Können die Ideen des Reverend Moon, der den Weltfrieden durch liebende Familien verkündet, der Menschheit nützen? - Ist er ein Prophet dieser Zeit?

Schon die Eckdaten seines Lebens weisen Sun Myung Moon als einen Menschen aus, der nicht in den Rahmen des "Herkömmlichen" paßt. Das fünfte Kind der Bauernfamilie Moon aus dem koreanischen Dorf Cheong-Ju hat als junger Mann eine religiöse Berufung erfahren, Elektrotechnik an der bekannten japanischen Waseda-Universität und gleichzeitig als Autodidakt Bibel und unterschiedliche Weltanschauungen studiert, bevor er öffentlich aktiv wurde und aufgrund seiner Überzeugung und Tätigkeit im Verlauf von 12 Jahren von den Sicherheitsorganen dreier unterschiedlicher Regime viermal inhaftiert wurde. 1944 arrestierten und folterten ihn japanische Besatzer seiner koreanischen Heimat wegen Mitgliedschaft in einer Widerstandsbewegung, 1946 und noch einmal 1948 verhafteten ihn die Schergen der kommunistischen Regierung Nordkoreas wegen Anstiftung zum Aufruhr und religiösen Abweichlertums, 1955 wurde er in Südkorea drei Monate lang aufgrund verschiedener Vorwürfe gegen seine religiöse Gemeinde festgehalten und schließlich für unschuldig erklärt.

1952 erzählte der Bürgerkriegsflüchtling Moon einer Handvoll Zuhörer in einer Hütte aus Lehm und Pappe von der baldigen Errichtung des Himmels auf Erden, gut ein Dutzend Jahre darauf traf er auf seiner ersten Weltreise mit dem ehemaligen US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower zusammen. Die Predigten, die er als Gründer und Leiter der Vereinigungskirche im Verlauf von 40 Jahren vor seinen Anhängern hielt, füllen 200 Bände mit über 70 000 Buchseiten. Als Initiator unterschiedlichster Organisationen und Projekte traf er die Präsidenten Nixon und Gorbatschow. Er sprach vor Regierungschefs und Politikern, Wissenschaftlern, Künstlern, Journalisten. Als Evangelisten einer neuen Zukunft hörten ihn bei Großveranstaltungen eine Million Menschen in Seoul und 300.000 in Washington D.C. Sun Myung Moon und seine Nachfolger bauten Maschinenfabriken, Schiffsbau- und Fischfangunternehmen und einen weltweiten Medienkonzern auf, mit dem Ziel, Schwellenländer und Dritte Welt an technischem Knowhow und der Informationsindustrie teilhaben zu lassen.

1960 hatten der 40jährige Sun Myung Moon und die 18jährige Hak Ja Han in einer Zeremonie geheiratet, die von ihren Anhängern seither als Hochzeit des Lammes gefeiert wird und das Grundmuster für Segnungszeremonien mit hunderten, tausenden, ja zehntausenden und – 1995 – hunderttausenden von Teilnehmern darstellt. Seit den 80igern wurde Moon mit verschiedenen Ehrendoktortiteln und Medaillen ausgezeichnet und in vielen Ländern mit quasi staatlichen Ehrungen willkommen geheißen. Als 1981 in den USA aus politischen Gründen eine Anklage wegen Steuerhinterziehung gegen ihn erhoben wurde, zögerte er aber nicht, in dieses Land zurückzukehren und sich der Anklage zu stellen.

Moon, der zeitlebens den Kommunismus als Werk Satans ablehnte und wegen seiner politischen Aussagen von kommunistischen und westlichen Geheimdiensten observiert wurde, besuchte im April 1989 Michail Gorbatschow im Kreml und traf 1991 Kim Il Sung in Nordkorea. Neben Worten der Versöhnung sagte er auch in dortigen Ansprachen, daß der Kommunismus keine Lösung biete und durch eine gottbejahende Weltsicht abgelöst werden müsse. 1992 und 1993 erklärten Rev. und Mrs. Moon in öffentlichen Ansprachen, sie seien Wahre Eltern und das Erfüllte Testament Zeitalter sei angebrochen. Mrs. Moon, Mutter von 13 Kindern, sprach als erste Koreanerin vor dem US-Senat. Sie wurde dort vom weithin respektierten Senatsmitglied Orrin Hatch mit den Worten vorgestellt: "Ich empfinde großen Respekt für Mrs. Moon. Ich weiß, was für Kinder sie aufgezogen hat und was für eine wunderbare Mutter sie ist. Ich betrachte es als seltenes Privileg und Ehre, Ihnen Mrs. Hak Ja Han Moon als Freund vorzustellen."

Mrs. Moon nahm in ihrer Ansprache kein Blatt vor den Mund. Sie sprach über Schöpfungsideal, Sündenfall und Gottes schmerzensreichen Weg der Erlösungsgeschichte. Auch die Rolle ihres Mannes und ihrer selbst stellte sie dar: "Mein Mann und ich sind entschlossen den Weg der Wiederherstellung gegangen, um die Fehler der Vergangenheit zu bereinigen, einschließlich derer der Epochen des Alten und des Neuen Testamentes." Auf dem Höhepunkt ihrer Ansprache sagt sie unter beträchtlichem Applaus: "Ladies and Gentlemen, es ist mein großes Privileg, Ihnen kund zu tun, daß die erste Wahre Familie bereits errichtet ist. Mein Mann und ich haben uns, zusammen mit unseren 13 Kindern und 20 Enkelkindern, vollkommen dem Dienst an Gott und der Menschheit gewidmet. In den drei Generationen unserer Familie bilden wir auf der Ebene der Familie die zentrale Wurzel (Großeltern), den zentralen Stamm (Eltern) und die zentralen Triebe (Kinder) des in der Bibel verheißenen »Baumes des Lebens«"

Hak Ja Han Moon gab dieselbe Erklärung im Ratsgebäude der Vereinten Nationen vor den UNO-Botschaftern aus 67 Nationen ab. Dieser Ansprache an die Vertreter der Welt folgte zwischen Oktober 1993 und Januar 1994 noch eine Reise durch 40 Nationen in allen Kontinenten. Vor Parlamenten, Präsidenten, Bürgern, Studenten - insgeamt einer Million Menschen - sprach sie dieses Mal. Ein Jahr zuvor, 1992 hatten ebenfalls hundertausende sie gehört, als sie den Ansatz ihres Denkens für die Gegenwart erklärt hatte: "Die Geschichte wartet auf Versöhnung, Mitfühlen, Liebe, Dienen und Opferbereitschaft. Die Probleme der Zeit können nicht mit der Logik der Macht bewältigt werden… die jetzigen Probleme können nur mit der Logik der Liebe gelöst werden." Das Wesen der Familie ist die Liebe; Eltern sind das Modell, das für der Kinder Liebesfähigkeit, Selbstvertrauen, Weltsicht und Werteverständnis von immenser Bedeutung ist. Könnte eine Weltkultur auf der Tradition wahrer Eltern erblühen? Gibt es Hinweise oder auch nur die Spur der Möglichkeit, daß Reverend und Mrs. Moon diese Tradition ins Leben rufen können?