Heiliger oder Scharlatan - ist das hier die Frage?

Wir kehren mit einem erweiterten Informationsstand zu der Frage zurück, ob Reverend Moon ein Künder des Lichts oder ein Fürst der Schatten ist. Keiner der oben genannten Autoren drückt große Sympathien für die von ihnen untersuchte(n) Gruppe(n) aus, aber noch weniger billigen sie die Anti-Sekten-Hysterie, die Hetzjagden gegen neureligiöse Minderheiten und die Manipulation der öffentlichen Meinung durch erklärte Gegner der neuen Religionen. Ein weitergehendes Verständnis um die Motive und Vorgehensweisen eines Religionsstifters scheint allerdings von diesen Soziologen und Religionswissenschaftlern auch nicht erwartbar zu sein. Bromley und Shupe fragen sich, wie Reverend Moon - "alt und kahlwerdend" - solche Anziehungskraft entfalten könne und offenbaren dadurch, daß sie sich mit soziologischen Analysen leichter tun als mit dem Einfühlen in eine komplexe religiöse Persönlichkeit und Motivation.

Ebenso sind Prognosen über den möglichen Erfolg oder Mißerfolg dieser neuen Religion mit Vorsicht zu genießen. Bromley und Shupe stellen zwar fest, daß Rev. Moons Sorge um Politik "direkt aus seiner Vision einer weltweiten Theokratie resultiert", sehen seine politischen Äußerungen dennoch als rein pragmatische und schließen wegen der "großen Ausrutscher" der Vereinigungskirche im politischen Bereich (1981), daß "Moon kaum eine Chance habe, jemals politischen Einfluß zu gewinnen".

Weit neuer ist die deutsche Schrift über "Neureligiöse Bewegungen", herausgegeben von der Bayerischen Landeszentrale für Politische Bildungsarbeit. Die Autoren Minhoff und Lösch verwiesen 1994 in einer überarbeiteten Auflage darauf, Rev. Moon habe kürzlich seinen Ruf besonders im vorpolitischen Raum gestärkt und meint: "Die wohl unbestritten erfolgreichsten Jahre der Moon-Bewegung begannen Ende der achtziger, Anfang der neunziger Jahre." Selbst Mitglieder der Vereinigungskirche haben sich mehrfach gründlich über die Zukunftsaussichten geirrt, und zwar sowohl in Richtung staunenswerter Zuversicht ebenso wie in abgründigem Pessimismus.

Sun Myung Moon verglich sich mit Jesus Christus und wurde mit Hitler verglichen, nicht nur in Ländern, in denen das aus mangelnder Geschichtskenntnis ein halbes Kompliment ist. In den Göttlichen Prinzipien wird Adolf Hitler eindeutig als Figur der satanischen Seite gekennzeichnet. Während eines Deutschlandbesuchs 1989 erklärte Moon, daß er die egoistische Ideologie des Nationalsozialismus als Hintergrund der hitlerschen Verbrechen und Ausgangspunkt dafür ansieht, daß das deutsche Großmachtstreben zum Desaster geriet: "Gottismus unterscheidet sich grundlegend davon [den egoistischen Ideologien], weil er Individuen auf andere hin lenkt. Wenn Hitler eine solche Ideologie gehabt hätte, hätte er anderen Nationen gedient, anstatt sie zwecks Erlangung territorialer Gewinne mit Krieg zu überziehen." – Als Hitler sein drittes Reich ausrief, erschrak die Welt bis in die Knochen, weil sie nie gelesen hatte, was für ein Programm der Gröfaz in Mein Kampf angekündigt hatte. Ein "Überzeugungstäter" und Ideologe, sei es Hitler, Marx, Lenin, Stalin oder Mao, wird nie seine Sichtweise verleugnen, vor allem nicht in der Darlegung seiner Grundgedanken.

Die Ziele und Grundsätze Reverend Moons gehören mit tausenden von Ansprachen und Konferenzniederschriften zu den in der gesamten Menschheitsgeschichte am ausführlichsten dokumentierten weltanschaulichen Vorgaben. Die Texte sind nicht in jeder Sprache, aber für jedermann verfügbar; Geheimlehren sind Fehlanzeige. Neben den mehr als 70 000 Seiten an internen Predigten und öffentlichen Ansprachen sowie dem 574seitigen Standardwerk Die Göttlichen Prinzipien und diversen Derivaten, philosophischen Ableitungen und Interpretationen durch Schüler Reverend Moons verfügt die Vereinigungskirche kaum über eigene Schriften. Gegner der Vereinigungskirche verfügen über ein gewisses eingeschränktes Repertoire an, wie sie meinen, fünf bis zehn furchterregenden Zitaten aus Reden des »Meisters«, etwa dieses "Ohne daß ich danach strebe, wird die Zeit kommen, in der meine Worte nahezu Gesetz sind. Wenn ich nach einer Sache frage, wird sie getan. Wenn ich etwas nicht will, wird dies nicht durchgeführt."

Wie hält dieser Mann es mit Demokratie, Menschenwürde und Eigenverantwortung? Er vergöttert, sofern damit der »Western Way of Life« gemeint ist, das demokratische System nicht. Die Würde des Menschen ist ihm in Gottes Liebe begründet. Er ermutigt seine Nachfolger, besser zu sein als er ungefähr doppelt so oft wie er sie zum Gehorsam Gottes Willen gegenüber aufruft. Er betont Eigenverantwortung, Initiative und Konsens und ganz besonders die Balance zwischen Individuum und Gemeinschaft. "Eine gute Person ist jemand, den die Gesamtheit als gut anerkennen kann. Nehmen wir einmal an, ich halte mich für den besten in meiner Familie. Meine Eltern mögen denken, ich sei dufte, wenn meine kleine Schwester mich aber stattdessen für einen schrecklichen Typen hält, dann ist etwas faul. Wer entscheidet, ob du der beste in deiner Familie bist? Was zählt, ist der Konsens der Familienmeinung. Wie kannst du die Bewunderung deiner ganzen Familie gewinnen? Indem du ihnen selbstlos dienst und sie für dich zu wichtigen Menschen erklärst; dann werden sie dich respektieren."

Die Prinzipien des familialen Konsens unter Beachtung der Gefühle und Meinungen auch der "kleinen Familienmitglieder" und der altruisitsche Ansatz gilt auch für alle darüberliegenden sozialen Ebenen: "Wenn du dir den Respekt deiner Nation erwerben willst, mußt du für das Wohl der Nation leben. Wenn du dich für das Wohl der Nation opfern willst, solltest du dich zum schlimmsten Ort des Landes aufmachen, um ihn zu verbessern; in dieser Weise verdienst du dir den Respekt deiner Nation."

Die eigene Nation ist nicht der Existenznabel dieses Denkens, das beim Individuum ein klares Wertgefühl voraussetzt: "Ihr müßt die Schätze, die ihr gewonnen habt, an alle Welt ausgeben und ihr müßt auf euch selbst als Wesen grenzenlosen Wertes stolz sein. Werdet Menschen, denen Gott trauen kann. Mit einem solchen Vertrauen braucht ihr vor nichts zurückzuschrecken."

Parlamentarisches Procedere zum Ausgleich unterschiedlicher Interessen hat einen festen Platz in einer solchen Sichtweise, das Grundverständnis setzt jedoch die Anerkennung allgemeingültige Regeln voraus und baut auf die einsichtsvolle Einbindung in übergeordnete Strukturen. Das Konzert abgestufter Zweckebenen muß stimmig zusammenklingen, selbst wenn das im Einzelfall die Unterordnung des eigenen Interesses oder der eigenen Gruppenambition erfordert: "Die Vereinigungskirche kämpft nicht für die Vereinigungskirche; wir opfern die Vereinigungskirche für das Wohl Gottes und der Welt."

Nichtsdestoweniger ist die zentrale Größe dieses Konzerts nicht jeder beliebige Anspruch des blinden Gesamtinteresses. Die Würde des Individuums ist jedem Menschen als wesentlicher Aspekt des Schöpfungsideals von Gott unwiderruflich verliehen und kann von keiner gesellschaftlichen Instanz rechtmäßig aufgehoben werden. Zwischen Gott und Individuum steht die Brücke zwischen der umgreifendsten und der elementarsten Hierarchieebene, und das Elternherz bringt das – an der Oberfläche gegensätzliche – Egalitäre und Elitäre unter einen Hut: "Ich möchte, daß jeder einzelne von euch noch erfolgreicher ist als ich. Laßt mich hinter euch. Macht mich nicht einfach nach; übertrefft mich. Die mir folgenden Generationen werden mich übertreffen. Viele hier denken: »Nur Vater kann diese Aufgabe packen. Wir können das nicht.« Das ist die falsche Einstellung! Ihr könntet noch mehr leisten als ich, weil ihr so viel Unterstützung von Gott bekommt. Der gleiche Gott, der mir hilft, hilft auch euchgnen. Er is

Wie wirkt Reverend Moon auf Menschen?

Auf seine Nachfolger wirkt Reverend Moon anders als auf seine Gegner; bei ersteren genießt er enormes Vertrauen, bei letzteren drücken sich Angst oder Ablehnung aus. Solange beide Gefühlswelten nicht durch persönliche Eindrücke untermauert sind, sind sie nicht sehr aussagekräftig. Gegner Reverend Moons haben dafür gesorgt, daß ihre persönlichen oder theoretischen Meinungen hinreichend publiziert wurden, wir werden einige andere Stimmen zu Gehör bringen. Aussagen über Reverend Moon aus der Nachfolgerschaft heben einzelne Einsichten hervor, die über den Beobachter oft so viel sagen wie über den Beobachteten. Einige Erzählungen aus der Gründungszeit der VK rühren ans Mystische, andere betonen menschliche Erfahrungsbereiche. Die Theologin Dr. Young Oon Kim vertritt die zweite Gruppe: "Von unserer ersten Begegnung an stellte ich fest, daß Rev. Moon Gott ungeheuer ernst nahm… Diese Ernsthaftigkeit konnte ihn jedoch nie über Gebühr belasten oder verhärten. Er liebte es, zu singen oder dem Gesang anderer zu lauschen. Er lachte gern und viel… In einer frühen Phase lebte ein Kind im Vorschulalter in unserem Kirchenzentrum. Einziger Sohn einer Witwe war dieser Junge h3>Forgive - Love - Unite Teilnehmer an großen unifikatorischen Konferenzen stellen eher die Aktivitäten und großen Entwürfe vorne an: Der ehemalige US-Außenminister Alexander Haig ist in Deutschland vor allem deswegen ein Begriff, weil er hier als NATO-Oberbefehlshaber knapp einem Anschlag der RAF entkommen war. Er nahm an mehreren Konferenzen teil: "Diese Gelegenheit hier gibt mir die Chance, eine alte Dankesschuld an Reverend Moon abzutragen, der für mein eigenes Land in Zeiten großer Schwierigkeit, als in den frühen Siebzigern Verwirrung und Feindseligkeiten die Szenerie beherrschten, als starke Kraft für die Bewahrung des Gesetzes, für Gerechtigkeit und für Brüderlichkeit auftrat. Ich bin Reverend Moon sehr dankbar für diese Leistungen und für den andauernden Einsatz, den er im Interesse des Weltfriedens und internationaler Brüderlichkeit unternommen hat."

Auf den Begegnungen der Föderation für den Weltfrieden (FWP) haben ehemalige Regierungschefs vor allem aus Lateinamerika, aber auch aus Asien und Afrika sich geäußert: "In ihrem ganzen Leben haben Reverend und Mrs. Moon als Vermittler, Vereiniger und Friedensstifter gewirkt. Sie haben Konferenzen begründet, die dem Dialog zwischen Arabern und Juden, zwischen schwaren und weißen Afrikanern, zwischen Ost und West dienten. Beiden gilt der Frieden nicht nur als Angelegenheit für Diplomaten oder Militärs… Das Leben des Reverend Moon und seiner Frau ist Beweis für ihren Glauben, daß wir nur durch hingebungsvolle Liebe jenen Tag erleben werden, an dem »Nation sich nicht mehr wider Nation erhebt« und »Männer ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Lanzen zu Winzermessern schmieden«". F. Morales Bermúdez, Präsident der Republik Peru von 1975 bis 1980.

Asien- und Europakenner und Diplomat mit großer Erfahrung ist Douglas MacArthur II, Neffe des legendären Oberkommandierenden und Organisators der japanischen Demokratisierung General Douglas MacArthur. Der jüngere der beiden MacArthur hat die USA als Botschafter u.a. in Japan, Belgien und Österreich vertreten: "Es hat mich fasziniert, im Verlaufe der Jahre zu beobachten, wie das Werk von Reverend und Mrs. Moon nicht nur der Theologie und religiösen Lehre gewidmet war, sondern auch praktische Aktivitäten im Hinblick auf die Wiedergeburt des menschlichen Geistes umfaßte. Ihr Ansatz, unsere Hoffnungen auf den Weltfrieden zu wecken und zu erneuern, besteht in praktischer Anwendung von Zusammenarbeit, Brüderlichkeit und Einheit, die weder militärische Übernahme noch Unterwerfung beinhaltet."

Die Anhänger sind verrückt, und Politiker sind käuflich? Es ist zwar kein Grund ersichtlich, aus dem ein weltbekannter Mann wie Alexander Haig, finanziell durchaus gut gestellt, seinen Ruf riskieren sollte, indem er sich für Reverend Moon einsetzt. Nach Darstellung mancher deutscher "Sektenexperten" konnte jeder Referent an einer "moonschen" Konferenz nur "gekauft" sein, hieß er auch Gorbatschow oder Heath. Eines ist allerdings wahr: die Freunde aus Politik, Medien und Wissenschaft beurteilen die Aktivitäten des Weltbürgers Sun Myung Moon nicht selten an der Meßlatte ihrer eigenen Prioritäten. Einige fühlen sich auch von der Persönlichkeit dieses Mannes in der Seele beeindruckt und bringen das zum Ausdruck, andere können hingegen nicht verstehen "warum er als solch charismatische Figur gesehen wird".

Eine Konferenz ist nicht der Ort, an dem jedermann sein Gegenüber unbedingt auf Tuchfühlung kennenlernt. Vielleicht ist daher der Kommentar eines Mannes von Interesse, der den Reverend Moon in einer intensiven sozialen Umgebung – im Knast – beobachtete und seine Meinung an seine bevorzugt genossene Zeitschrift weitergab, an das Magazin Hustler. Zwischen Hustler und jeglichem Glauben klaffen Abgründe spezieller Art: das einzige, was je auf den Hochglanzseiten dieses Magazins zur Religion "Stellung nahm", war ein Photo-Feature im Stil des Hauses: von Hartpornoaktricen unsäglich nachgebaute, perverse Abendmahls- und Kreuzigungsszenen, die wütende Proteste hervorriefen. Hustler hatte 1984 zu den vielen Schmierartikeln über den "Sektenchef hinter Gittern" einen beigesteuert, stieß damit jedoch auf den Protest eines treuen Abnehmers. Der Danbury-Insasse Justin Ignazio schickte folgenden Leserbrief: "Ich arbeite in der Küche Seite bei Seite mit dem »Rev« und habe ihn alles tun sehen, was von ihm verlangt wurde, lächelnd und ohne sich zu beschweren (ich wünschte, ich könnte das für alle Insassen hier sagen), einschließlich der Reinigung von Toiletten und Fußböden. Er zeigt nie irgendwelche Allüren und ist einfach einer von uns. Ich habe meine Besuchszeiten an den gleichen Tagen wie der Reverend und habe gesehen, was für ein hingebungsvoller Ehemann, geliebter und liebender Vater er ist. Vielleicht wäre dieses Land in einem nicht so traurigen Zustand, wenn wir mehr Männer wie den Reverend Moon hätten."

Dank intensiver hollywoodseitiger Bemühungen um das amerikanische Gefängnisleben weiß der deutsche Bürger über das Maß genereller Mitmenschlichkeit bescheid, das den Alltag in einer amerikanischen "correctional facility" durchsetzt. Danbury verfügte zwar nicht über einen Hochsicherheitstrakt (die Anwälte Reverend Moons hatten ernsthaft erwogen, wegen erhaltener Morddrohungen die Verlegung ihres Mandanten in ein "Maximum Security" Gefängnis zu beantragen), aber auch als "White Collar" Knast war Danbury mit allen Beziehungsmerkmalen einer Haftanstalt belastet. Bill Sheppard war ein weiterer Haftkollege Reverend Moons, weswegen er von Reportern interviewt wurde: "Ich habe gesehen, wie er mit Leuten umging. Er zeigte größten Respekt gegen jedermann und achtete ihre Meinung… und er wurde von jedem hier respektiert, gar keine Frage. Er gewann Respekt und die Meinung, die die Leute hier von ihm hatten, änderte sich ebenso wie die generelle Atmosphäre hier im Gefängnis. Ich hatte das Glück, ihn während der Zeit, die er hier im Gefängnis verbrachte, nahe genug kennenzulernen, um zu wissen, daß er keine Fassade ist. Er ist, wer er ist."

Als dritter Zeitzeuge schrieb Ed Farmer einen Brief über seinen Gefängnisaufenthalt: "Ich mußte nur für drei Monate in Danbury einsitzen. Ich wußte, ich muß da hin, und ich wußte, Reverend Moon war dort. Es stand ja jeden zweiten Tag irgendwas in der Zeitung. Ich war neugierig. Es kam so, daß mir die Zelle neben Reverend Moon zugeteilt wurde, keine zwei Meter weg von ihm… Ich habe ihn nie etwas Mieses tun sehen…

Wenn es dir schlecht ging, kam er auf dich zu, klopfte dir auf den Rücken, lächelte und lachte. Ich denke, dieser Mann kann glücklich sein, ganz egal, wo er hingeht. Er trägt seine Religion in sich. Er braucht kein Buch dazu. Jeder hier fühlt das. Es ist so offensichtlich.

Reverend Moon hat sich nie darüber beschwert, was die Regierung ihm angetan habe. Er hat die Regierung nie angeklagt, eine Hexenjagd gegen ihn inszeniert zu haben, meiner Ansicht nach, weil er sich weigert, dies so wichtig zu nehmen. Nachdem ich ihn kennengelrend Moon.

Am 1. D gut wie unmöglich, die Anschuldigungen zu glauben, die gegen ihn verbreitet wurden."

Diese Stories, die das Leben ausnahmsweise einmal wirklich schrieb, entgingen den US-Medien nicht. In amerikanischen Gefängnissen, in denen die Trennung von Kirche und Staat hoch geachtet wird, ist es den Insassen selbstverständlich strikt untersagt, religiöse Traktate zu verbreiten, für Glaubensübertritte zu werben, Taufen o.ä. vorzunehmen. Auch ein Generalskeptiker darf sicher sein, daß die US-Regierung die Einhaltung dieser Regeln im Fall Reverend Moons gut überwacht hat. Dennoch drängte sich einer großen amerikanischen Publikation ein Bild auf, das sie in einer Karikatur wiedergab: Während Reverend Moon die Gefängnisinsassen im bekannten unifikatorischen Jubelruf "Mansei" anleitet, sagt der Gefängnisdirektor zum Oberwärter: "Gut, daß er morgen hier raus ist und nicht die Zeit hat, eine Massenhochzeit durchzuführen!"

Die Herren Farmer, Ignazio und Sheppard waren nicht als Musterknackis von der Vereinigungskirche ins Gefängnis eingeschmuggelt worden und hatten ihre Eindrücke nicht als hochdotierte VIP-Redner auf einer Tagung im Maui-Hilton formuliert, nachdem sie den Sponsor bei einer Runde Windsurfen am Waikiki-Beach kennengelernt hatten. Der Gefangene Moon, der im übrigen wirklich das Gefängnis von Danbury einmal als "Country Club" bezeichnet hat, hat neben ihnen Tische gedeckt, Essensreste abgeräumt, gespült, den Boden gewischt. Gleichzeitig hat er seinen Mitgefangenen etwas von dem vermittelt, was für alle Amerikaner zu tun er in dieses Land gekommen war: ein Gefühl persönlicher Würde und Wertigkeit und das Bewußtsein, für etwas größeres da zu sein.

Was denkt Mrs. Moon über Reverend Moon. Was denken die Kinder? Was denkt Reverend Moon über Reverend Moon? Wir wissen, was er über seine welthistorische Rolle denkt. Einiges wissen wir noch nicht. Zum Beispiel redet er über die Situation, in der Moses auf dem Berg Sinai für en Empfang der 10 Gebote fastete und die Israeliten ihn schmählich im Stich ließen. "Ich habe ein feuriges Temperament, und wenn ich einen derartig ungeheuerlichen Verrat sehe, will ich mit dieser Person einfach nichts mehr zu tun haben und mich abwenden. Ich muß mir in dieser Hinsicht die strikteste Disziplin auferlegen. Ich habe meinen eigenen Standard und beurteile mich danach: »Bevor du losziehen willst, um die Welt zu gewinnen oder Herr über alle Schöpfung zu werden, mußt du erst einmal Herr deiner selbst werden.« Ich will die Schwächen meines eigenen Temperaments bezwingen."

Kein Showstar – sei es ein Prince, ein David Bowie, ein ganz normaler Regierungschef oder der Leiter einer evangelikalen Gemeinde – rückt der Heldenverehrung seiner Anhänger dadurch zu Leibe, daß er persönliche Schwächen offenbart. Und Reverend Moon soll auch im Gefängnis noch Humor gezeigt haben. Noch einmal Ed Farmer: "Reverend Moon hat sehr viel Humor. Ich kann mir jemanden vorstellen, der einen solchen Sinn für Humor hat, kaum als einen gemeinen Typ vorstellen oder als einen, der Leute gehirnwäscht. Er liebt die Leute wirklich. Ich meine, er hat gern mit Menschen zu tun. Es gefällt ihm, geneckt oder auf den Arm genommen zu werden."

Hat Reverend Moon Humor? Wer sich seine Predigten als durchgängig todernste Angelegenheit vorstellt, liegt schief: "Heutzutage genießt Mutter einen besseren Ruf als ich selber. Leute sagen, sie sei nicht nur von orientalischer Schönheit, sondern drücke auch westliche Schönheit aus. Daher habe ich viele Dinge von ihr gelernt. Ich bin hervorragend in den Weisen des Orients erzogen worden, aber nicht so sehr in denen des Westens. Beispielsweise spachtele ich mir einen großen Batzen Nahrung auf einmal in den Mund, wenn ich esse. Ich bin kein eleganter Esser, ich denke nur daran, mich meiner Nahrung zu erfreuen. Aber Mutter wischt mir jedes Mal den Mund ab, wenn ich mich bekleckere."

Sicher, vor 35 Jahren mußten er und seine Frau komplizierten providentiellen und kulturellen Erfordernissen zufolge als Meister und Schülerin vor die Kirchenmitglieder treten, mußte Hak Ja Han sich gehorsam zeigen, so wie ihr Mann der historischen Notwendigkeit gehorsam war. Aber heute? "Die Leute sagen von uns, wir machen einen sehr verliebten Eindruck. Mutter steht nie auf meiner rechten Seite, immer auf der linken. Wo immer wir hingehen, geht sie neben mir und hält meine Hand. Sie ist es, die meine Hand in die ihre nimmt. Wir tun das in Amerika, aber in Korea ist es nicht so natürlich, daß Leute Hand in Hand herumlaufen. Die Kultur ist hier recht anders… Wenn ihr als Mann und Frau Hand in Hand gehen wollt, ist das in Ordnung. Wenn ihr eure Frau auf dem Rücken umher tragen wollt, könnt ihr auch das tun. Es ist für den Westen und den Osten das gleiche. Wenn ihr Gott fragt: »Vater, willst du sehen, wie einer Deiner geliebten Söhne und Töchter seine Frau oder ihren Mann küßt?«, wird Er selbstverständlich Ja sagen. Selbst wenn ihr euch küßt, bis Himmel und Erde vor Erregung wackeln, ist das nie eine Sünde. So was könnt ihr natürlich nur in der Liebe von Ehemann und Ehefrau unternehmen, nicht mit einem anderen Mann, einer anderen Frau."

Am besten kennen meine Schwächen jene Menschen, die mir am nächsten stehen. Dies gilt für jedermann. Im vorwiegend protestantischen Amerika ist der Ausdruck "Pastors Kinder" synonym mit schwierigen, kritischen Kindern, die selten Religiosität demonstrieren –, wohl weil diese Kinder vielmals mit dem Unterschied zwischen den Predigten und dem Leben ihrer Eltern aufwachsen müssen. Die Kinder von Sun Myung Moon und Hak Ja Han sprechen frank und frei von ihren Gefühlen und auch manchen Schwierigkeiten, die aber nicht Folge dieses "typischen" Pastorenproblems sind.

In Jin Moon, die 1965 geborene zweitälteste Tochter, nahm es am 25. Juli 1984 auf sich, wegen der Verurteilung ihres Vaters an die Öffentlichkeit zu treten. In der Constitution Hall der Bundeshauptstadt Washington sagte sie: "Während wir uns hier im Namen der Religionsfreiheit versammeln, weiß ich, daß mein Vater jetzt im Bundesgefängnis von Danbury, Connecticut, sitzt und für die Freiheit der Religion in Amerika und unsere Rally betet. Der 20. Juli 1984 war für mich und meine Familie wie das Ende der Welt. An diesem Tag ging mein Vater ins Gefängnis. Ich hätte mir in einer Million Jahre nicht vorstellen könnte, daß man meinem Vater dies antun würde, vor allem nicht hier in Amerika, dem Land der Freiheit, dem Land Gottes, das mein Vater von Herzen liebt und dem er nach Kräften dient… Er hat mir wieder und wieder gesagt: »Ich liebe Amerika wie meine Heimat, weil es das Land ist, das der Himmlische Vater liebt. Gott braucht Amerika, um die Welt zu retten.«

Er hat so hart gearbeitet. Ich habe meinen Vater kaum je schlafen sehen. Er ist immer auf den Beinen, arbeitet und betet… Mein Vater ist jetzt 64 Jahre alt. Er ist keines Verbrechens schuldig… Mein Vater hat mir gesagt, nicht seinetwegen zu weinen und die Regierung, die ihn eingesperrt hat, nicht zu hassen. Er hat mir, genau wie Millionen seiner Na chfolger in der ganzen Welt, gesagt, wir sollten unseren Ärger und unseren Schmerz in kraftvolle Taten umwandeln, damit wir dieses Land wahrhaft befreien."

Vier Jahre später, 22jährig, erklärte sie Mitgliedern der Vereinigungskirche ihre Gefühle: "Weil Christen es nicht vermochten, Vater anzunehmen, ist in Vaters Leben eine Gefangenschaft der anderen gefolgt, eine Demütigung der anderen, ein Fluch dem anderen. Man spuckte und spuckte ihn an. Wenn ihr meint, es würde euch hart treffen, wenn Leute euch auf der Straße anspeien und mit Obszönitäten anmachen, wie schlimm war es für Vater? Wißt ihr, manchmal sehe ich das Gesicht meines Vaters an, und Tränen fangen an zu laufen. Und ich sage mir selber: »Egal, wie schwer mein Leben wird, ich werde es mir von Satan nicht kaputt machen lassen!« Wenn ein Mann mehr als 60 Jahre lang so viel für Gott getan hat, warum sollte ich es nicht können?…

Ich will offen sein: Manchmal waren ich oder eines meiner Geschwister echt frustriert und wir fragten die Wahren Eltern: »Vater, wenn Du uns liebst und die Lehre deran Civil Liberties Union (der grö&s beschäftigt, andere zu lieben und nicht mit uns?« Damals waren wir noch viel jünger. Heute verstehen wir, warum Vater den Kirchenmitgliedern mehr Liebe gewidmet hat als uns, und das macht ihn für uns noch großartiger. Vater hat immer das Prinzip gelebt, komme was da wolle. Das macht ihn so erstaunlich. Er lehrt es nicht nur, er lebt es."

Ihr Bruder Hyun Jin drückte aus, wie er den Wandel der öffentlichen Meinung nach 1985 erlebte:"Als ich nach Amerika kam, war ich vier Jahre alt… Nachdem ich in die Schule gekommen war, nannten die anderen Kinder meinen Vater »Vollmond« und mich »Halbmond«. Jeder von uns will den Standard absoluter Liebe ererben, und das war auch, was ich diesen Kindern zu geben versuchte. Doch sie flüsterten miteinander: »Schließe mit dem keine Freundschaft, sonst wirst Du von ihm gehirngewaschen.«… Heute kommen Leute zu mir und fragen mich Sachen wie »Wie geht es Ihnen? - Wie geht es Ihren Eltern?«, und sie wollen meine Ideen hören. Ihre wachsende Bereitschaft, uns zuzuhören kommt daher, daß die Wahren Eltern die Position auf sich genommen haben, alle Menschen zu lieben… Wirklich wichtig ist mir, dafür zu sorgen, daß meine Eltern in Zukunft nicht mehr unentwegt mißverstanden werden."

Hyo-Jin, der älteste Sohn Reverend Moons, sagte im Oktober 1994 im Belvedere-Seminarhaus, seiner Meinung nach habe sein Vater nicht immer alles richtig gemacht, aber er wisse: "Mein Vater liebt mich auch dann, wenn er manchmal hart mit mir umspringt. Ich weiß, daß er mich dennoch liebt und daß ich ihn liebe… Ich liebe Vater sehr und ich würde für ihn sterben, aber was können wir für diese Welt tun?… Ich will auf keinen Fall sterben, bevor ich ihn sagen höre: »Sohn, Du bist besser als ich.« Ich werde alles daran setzen, das zu schaffen. Da wird mich nichts beirren." Generation X?

Die dritte Tochter, Un Jin, spricht vor Kirchenmitgliedern zunächst über ihren Vater, dann ihre Mutter: "Schon als er ganz jung war, haben sich Vater viele Schulkameraden angeschlossen, weil er viel Charisma hatte. Er konnte Freunde finden, wo immer er hinging. Dennoch sagte er seiner Mutter, er werde nicht zurückkehren, weil er seinen Lebensweg gewählt hatte, einen leidvollen Weg. Von da an führte unser Vater, glaube ich, ein sehr einsames Leben, weil er ohne die Unterstützung von Geschwistern und Eltern leben mußte. Da hatte er noch keine Nachfolger, und das einzige, was er hatte, war der Himmlische Vater – den er nicht sehen oder durch die fünf physischen Sinne erleben konnte.

Ihr könnt euch ja nicht vorstellen, wie ungeheuer schwierig es für ein siebzehnjähriges Mädchen war, jemanden zu heiraten, der mehr als doppelt so alt war wie sie. Das war an sich schon eine erstaunliche Herausforderung, aber noch unglaublicher war, wie sie nach der Eheschließung angefeindet wurde… Sie [Unifikationistinnen mittleren Alters] verabscheuten Mutter… Man ließ Mutter nicht im gleichen Zimmer wie andere Mitglieder weilen oder die gleiche Treppe benutzen. Man neidete es ihr, mit Vater in einem Zimmer zu sein oder mit ihm zusammen zu essen… Am schwersten war es für sie, daß sie sich mit keinem Wort darüber beschweren durfte. Das war ihr Test [im Glauben]…

Ich glaube, keiner von uns hier kann nachempfinden, wie sehr es einen Mann in seinem Stolz trifft, wenn er ins Gefängnis geworfen wird, nicht nur einmal, sondern so oft. Und doch haben die Wahren Eltern sich nie beklagt oder irgendjemanden gehaßt. Sie personifizieren wahre Liebe. Darum verneigen sich heute so viele große, einflußreiche Menschen vor Vater."